Maddrax 602: Das Auge des Jaguars, Michael Edelbrock (Buch)

Maddrax 602
Das Auge des Jaguars
Michael Edelbrock
Bastei, 2023, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Michael Edelbrock, noch recht neu im Autorenteam, legt mit seiner dritten Arbeit für das Maddraxikversum den Auftakt zu einer Doppelfolge vor, die er komplett eigenständig verantwortet. Von Beginn an positiv von der Fangemeinde aufgenommen, dürfte Edelbrock sich mit diesem Zweiteiler endgültig als Stammautor der Serie etablieren. Zumindest die Qualität von „Das Auge des Jaguars“ spricht in mehrfacher Hinsicht dafür.

Nachdem in den ersten Bänden des Zyklus-Auftaktes noch ein paar Altlasten entsorgt werden mussten, starten Matt und seine Begleiterin endlich am Ground Zero einer komplett neuen Erzählung, deren minimale Voraussetzungen nochmal gut miterklärt werden, so dass auch dieses Heft als absolut einsteigerfreundlich empfohlen werden kann.

 

Die großen roten Kristalle, vom Volk der Mayaa „Augen der Jaguargöttin“ genannt, sind verschwunden. Mutmaßlich tragen die mysteriösen Conquistaas die Schuld daran. Sicher ist, dass sie schnell wiederbeschafft werden müssen. Haaley und Mathew Drax bekommen die Chance, ihr Leben zu retten, indem sie sich auf den Weg in eine Todeszone machen, wo die Abschrift eines uralten Rituals vermutet wird, mit dessen Hilfe die energiespeichernden Kristalle künstlich hergestellt werden können.


Doch bevor das Abenteuer startet, wird die Geschichte der südamerikanischen Volksgruppe seit dem vernichtenden Kometen-Einschlag im Jahre 2012 aufgerollt - und das ist auch das eigentliche Herzstück der Episode, die ihre Leserschaft gleich an zwei Punkten abholt. Zum einen wird mit der akribischen Zählung des Maya-Kalenders eine Brücke zu den Anfängen der Reihe geschlagen. Dass laut diesem im Jahre 2012 die Welt untergehen sollte, inspirierte Phantastik-Autoren und Boulevardpresse gleichermaßen, und nicht zuletzt „Maddrax“ ist ein Kind genau dieses Zeitgeist-Phänomens. Darüberhinaus wendet Edelbrock mit dem Erzählmuster „Wie sich bekannte Dinge unter dem Einfluss der postapokalyptischen Zustände verändert haben“ die bei Fans immer noch heißgeliebte Schablone an. Dies tut er jedoch eigenständig genug, dass „Das Auge des Jaguars“ weit mehr ist als nur ein nostalgischer Trip.

Wie aus den indigenen Volksgruppen der Kekchi-Maya und Chachapoya ein eigenständiges Volk zusammenwächst; Ernteausfälle und ein Tsunami infolge des Kometen-Einschlags die Lebensbedingungen verschlechtern; wie aus veränderter Realität und einer alten Prophezeiung der Mythos von der Schlange wird, deren Schweif die Erde zertrümmert; wie ein Reich um eine mächtige Priesterkaste wächst und wieder vergeht - all das ist gewissenhaft recherchiert und schlüssig konzipiert. Vor allem aber ist es verdammt gut erzählt, denn Edelbrock gelingt es trotz des schlaglichtartigen Heftformats, einen epischen Handlungsbogen zu schaffen, der es atmosphärisch mit manch dickem phantastisch-historischen Schinken aufnehmen kann. Dazu pflegt Edelbrock ein sprachliches Niveau, das im Pulp-Roman nicht häufig zu finden ist und daher besonderes Lob verdient.

„In der grünen Hölle“ wird der Ende Februar erscheinende zweite Teil des Doppelromans heißen, der die drei Helden in die seit Generationen unbewohnte Todeszone führt und zugleich die Hintergründe der rätselhaften Welt, in die es die Protagonisten verschlagen hat, vertieft. Mit der vorliegenden Episode liegt die Latte ziemlich hoch.