Silbermond über Providence 2 (Comic)

Silbermond über Providence 2
Wiedergeburt
(Lune d'argent sur Providence: Dieu par la racine)
Text & Artwork: Eric Herenguel
Übersetzung: Tanja Krämling
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2009, Hardcover, 64 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-940864-80-2

Von Irene Salzmann

1880: In der kleinen Ortschaft Providence, New Hampshire spielt sich eine wahre Horror-Tragödie ab: Ein alter Mann und sein Vieh wurden bestialisch abgeschlachtet. Dasselbe passiert wenig später zwei Cowboys, einem Jungen und einem kleinen Mädchen – und sie sollen nicht die einzigen Opfer bleiben.

Cathy Gatling, die angeblich im Auftrag eines Notariats die Hinterlassenschaften eines der Opfer erfassen soll, tauscht ihr elegantes Kleid gegen Hose, Jacke und einen Revolver mit Silberkugeln und beginnt, an gefährlichen Dingen zu rühren. Sheriff James Stuart ist zwar ein ehrlicher, aufrechter Mann, der seine Stadt beschützen möchte, aber die grauenhaften Geschehnisse setzen ihm so sehr zu, dass er Cathy keine große Hilfe ist.

Prompt heuert der Bürgermeister den skrupellosen Jäger Dixon an, der verspricht, im Gegensatz zum Sheriff nicht zu versagen. Tatsächlich richtet er jedoch nur noch mehr Schaden an: Aus Hass schiebt er die Schuld dem alten Indianer Ironcloud zu, dabei weiß Dixon mehr über die Hintergründe, als er zugibt. Eine wahre Hetzjagd beginnt, da der panische und wütende Mob einen Sündenbock braucht. Vergeblich versucht Ironcloud, die Leute zu warnen. Keiner interessiert sich für die Mythen seines Volkes – ausgenommen Cathy, die den Spuren schließlich zur Kirche folgt …

Der Zweiteiler „Silbermond über Providence“ von Eric Herenguel versteht sich als eine Hommage an den Western, wie man ihn aus dem Kino und dem Fernsehen kennt. So findet man in der Geschichte viele klassische Charaktere, Szenen und Anspielungen wie den alternden Jäger, der eine gewisse Ähnlichkeit zu Buffalo Bill aufweist, der bigotte Priester, der überforderte Sheriff, die toughe Revolver-Lady, der gegen die Indianer gerichtete Rassismus. Allerdings passt der Künstler die Handlung den heutigen Bedürfnissen an durch Mystery- und Horror-Elemente. Dabei greift er Motive aus indianischen Legenden auf, die schon deshalb faszinieren, weil sie praktisch unbekannt sind, und bringt zudem einen europäischen Mythos ins Spiel.

Nach und nach fallen die Puzzle-Teile an die richtigen Plätze, und der Leser erkennt die Zusammenhänge. Aber auch als alles klar zu sein scheint, wird er noch mal überrascht. Kaum jemand der Beteiligten, ist das, was er oder sie vorgab zu sein. Geschickt hat Eric Herenguel deren wahres Wesen hinter Schrullen, Frömmigkeit, einer abweisenden Haltung oder ähnlichem verborgen.

Die Illustrationen sind detailreich und relativ realistisch. Die individuellen Züge der Protagonisten werden übermäßig betont, so dass diese ganz leicht zur Karikatur tendieren. Es dominieren erdige Töne in Momenten der Ruhe, oft mit einem Stich ins Gelbgrüne, das ahnen lässt, wie trügerisch der momentan Frieder ist, und kalte, bläuliche Nuancen, wenn Gefahr besteht.

„Silbermond über Providence“ bietet ein spannendes Abenteuer, das Western-, Krimi- und Horror-Fans gleichermaßen ansprechen dürfte. Die Handlung ist voller überraschender Wendungen, die Rätsel werden erst am Schluss aufgelöst, sympathische beziehungsweise skurrile Figuren erfüllen ihre Rollen, und ansprechende Zeichnungen runden gelungen ab. Man darf den Titel durchaus als eines der Highlights des Splitter Verlags bezeichnen.