Guy Gavriel Kay: Die Fürsten des Nordens (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 27. März 2010 07:20
Guy Gavriel Kay
Die Fürsten des Nordens
(The Last Light of the Sun, 2004)
Aus dem Kanadischen von Irene Holicki
Piper, 2007, Hardcover, 552 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-492-70098-6
Von Alexandra Balzer
Die Erlinger ziehen über die Meere; niemand ist vor den plündernden Horden sicher, Zerstörung und Elend bleibt zurück, wo immer sie an Land gehen. Doch dann ergreift König Aeldred die Macht und eint die Völker Anglcyns. Unerwartet gerät Aeldrens Sohn in die Zwischenwelt, und das Königreich scheint dem Untergang geweiht …
Guy Gavriel Kay ist tatsächlich ein Autor, der sich mit Tolkiens Federn schmücken darf: Er ist Mitherausgeber des „Silmarillion“, das nach Tolkiens Tod veröffentlicht wurde. Seit 1984 schreibt er großartige Epen; diesmal hat er sich den Wikingern gewidmet. Akribische Recherchen, Phantasie, Wissen und hohes schriftstellerisches Geschick verbinden sich in diesem Buch zu einer wahren Sprachsinfonie.
Dabei muss der geneigte Fantasy-Leser bereit sein, sich auf ein solches Werk einzulassen. Nicht einzelne Heldenschicksale oder die Handlung als solche stehen hier im Vordergrund, sondern die Welt als solche. Ohne viel Mühe erkennt der geschichtlich leicht vorgebildete Leser Angelsachsen, Wikinger und Waliser in den Völkern wieder, das Vorbild für König Aeldred war Alfred der Große. Leben und Leiden, Denken und Handeln der Menschen sind die wahre Geschichte, die erzählt werden soll.
Dementsprechend führt der Autor scharenweise Haupt- und Nebenfiguren auf, Charaktere, deren einziger Zweck es ist, die Welt noch ein wenig plastischer darzustellen. Die Sprache passt sich den Figuren an, ‚rohe’ Menschen drücken sich wenig gewählt aus. Hinrichtungen, Vergewaltigungen und Überfallsszenarien werden ohne falsche Scheu geschildert, ohne dabei jemals obszön zu werden
Allzu zahlreiche Nebensätze in Klammern irritieren stellenweise, man gewöhnt sich aber daran. Ähnlich wie bei Marion Zimmer Bradley (um nicht immer Tolkien zu bemühen) sind die Magie und überhaupt alle ‚phantastischen’ Elemente eher dezent angebracht.
Wer historische Fantasy, langsame Handlungsentwicklung, eine ästhetische Sprachmelodie und opulent ausgeschmückte Welten liebt, wird dieses Buch verehren.
Wer hingegen bei allzu vielen Aus- und Abschweifungen den Faden, den Überblick oder die Geduld verliert, sollte es meiden und sich etwas Actionreicheres suchen.