Der Ring der Nibelungen (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 29. Januar 2023 10:17
P. Craig Russell
Der Ring des Nibelungen
(The Ring of the Nibelung, 2014)
Vorlage: Richard Wagner
Übersetzung: Stephanie Pannen
Cross Cult, 2023, Hardcover, 448 Seiten, 49,95 EUR
Rezension von Christel Scheja
Der vierteilige „Ring des Nibelungen“-Zyklus von Richard Wagner hat Geschichte geschrieben - nicht nur als opulentes Opernwerk mit imposanter Musik und beeindruckenden Arien, sondern auch als besonders beliebte Unterhaltung der Nazi-Größen, in der sie ihre Ideologie bestätigt sahen. Deshalb sind auch die modernen Adaptionen meistens nicht in dem Stil gehalten, den der Komponist vermutlich im Kopf hatte: mythisch und episch. Das ändert nun die Adaption von P. Craig Russell, der für seine feinen und epischen Zeichnungen bekannt ist, die vor allem Sagen-Stoffen die richtige Atmosphäre verleihen.
Die Geschichte beginnt mit einem Diebstahl, denn der Zwerg Alberich nimmt den „Rheintöchtern“ das Rheingold und schmiedet einen Ring daraus. Als Riesen und Götter selbst einschreiten, nimmt das Verhängnis seinen Lauf, auch wenn Wotan den Fluch erst abzuwenden glaubt, indem er ihn auf zwei Riesen überträgt.
Doch viele Jahre später muss „Die Walküre“ Brünnhild für seine Einmischung büßen, auch wenn es ihr gelingt eine Frau und ein Kind zu retten, das eines Tages als Held „Siegfried“ das Geschehen voran treibt und nicht nur den Drachen Fafner besiegt, sondern auch unbewusst alle Steine ins Rollen bringt um die „Götterdämmerung“ einzuleiten.
Es ist schon ein epochales Werk, alle vier Opern angemessen umzusetzen und die doch ein wenig altertümlichen Arien in eine angemessene Sprache umzusetzen. Doch es ist den Künstlern gelungen - was auch die Farbgebung betrifft, die die Szenen atmosphärisch wirken lässt, ohne den Zeichnungen die Kraft zu nehmen.
Der Comic macht das möglich, was die meisten Theater nicht können und vermutlich nur im Film mit der entsprechenden Technik möglich wäre: Die Geschichte wird mit der mythischen Wucht präsentiert, die das Thema hergibt, mit all den Klischees, die durch das 19. Jahrhundert geschaffen wurden, was nordische Götter und Helden angeht. Goldene Brünnen, Hörner- und Flügelhelme gehören ebenso dazu wie die typischen wallenden Gewänder und die weiten Landschaften.
Die Handlung folgt natürlich dem Inhalt und Verlauf der Opern, ist natürlich dem anderen Medium angepasst und modernisiert, so dass auch Comic-Leser ihren Spaß haben, die zwar Fantasy mögen aber nicht unbedingt die komplizierte und geschwollene Sprache der Arien. Dennoch atmet die Adaption den Geist der Vergangenheit und gibt natürlich einiges an Klischees wieder - angefangen von den einfach gestrickten Charakteren bis hin zu den ähnlich überschaubaren Motiven, die natürlich nicht mehr so ganz in unsere Zeit passen. Aber sie erlaubt es dennoch, endlich einmal zu erfahren, um was es in dem Opern-Zyklus eigentlich geht, ohne die Werke von Wagner selbst gesehen zu haben. Und zudem können auch „Der Herr der Ringe“-Fans ein paar lustige Parallelen entdecken.
„Der Ring des Nibelungen“ ist sein Geld wert, vor allem für jene, die sich bisher noch nicht an die Opern gewagt haben oder denen es zu viel ist, diese anzusehen. Die Adaption jedenfalls ist sehr gelungen, weil sie die epische Breite des Zyklus angemessen und stimmungsvoll wiedergibt und auch die mythische Seite klar hervorhebt, was vor allem Fantasy-Fans begeistern könnte.