RJ Barker: Der Ruf der Knochenschiffe (Buch)

RJ Barker
Der Ruf der Knochenschiffe
Gezeitenkind-Trilogie 2
(Call of the Bone Ships, 2020)
Übersetzung: Michaele Link
Panini, 2022, Paperback, 636 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

In „Die Knochenschiffe“ führte RJ Barker den Leser in eine faszinierende Welt ein, die maritimes Flair mit einer gewissen düsteren Endzeitstimmung und viel Fantasy verband. Denn die Schiffe, die über das Meer und durch die Luft navigieren, sind aus den Knochen von Drachen gebaut worden. Nun wird die „Gezeitenkind-Trilogie“ mit „Der Ruf der Knochenschiffe“ fortgesetzt.

 

Wer auf einem der schwarzen Knochenschiffe landet, wird dieses nicht mehr lebend verlassen, denn an Land gilt er aufgrund seiner Verbrechen bereits als tot. Joron musste diesen Weg gehen, hat es aber nicht bereut, denn er hat sich gut in die Schiffsgemeinschaft eingelebt und ist vom einfachen Deckkind zum Schiffswahrer aufgestiegen, einem der engsten Vertrauten der Schiffsfrau Meas.

Und so bekommt er auch hautnah mit, dass die Entdeckung Hunderter toter und sterbender Menschen wie auch Guillaimes in einem Schiff, das sie eigentlich retten sollten, dann aber genauer in Augenschein nehmen, nur die Spitze eines Eisbergs ist, denn dadurch werden sie in eine hinterhältige Verschwörung mit hineingezogen, die sie dazu zwingt, mit allen Tricks um ihr Überleben zu kämpfen.


Normalerweise tendieren ja Fantasy-Romane immer dazu, das „Gutmenschentum“ hervorzukehren und alle retten zu wollen. Aber das ist hier - wie bereits im ersten Band - anders, denn erneut wird deutlich, wie hart und schwer das Überleben an Bord eines Knochenschiffs wie der „Gezeitenkind“ ist. Denn manchmal scheint es eine größere Gnade zu sein zu sterben, als weiter dahin zu siechen - wie man gerade am Anfang vor Augen geführt bekommt. Joron dient hier als moralische Instanz.

Aber er macht immerhin auch eine gewisse Entwicklung durch, seine Qualitäten, die ihn auch schon im ersten Band aufsteigen ließen, kommen ihm hier wieder zugute, auch wenn er diesmal mehrere unangenehme Rückschläge erleben muss, denn auch er zahlt einen hohen Tribut.

Die Geschichte endet diesmal mit einem Cliffhanger. Der Hintergrund scheint zu komplex zu sein, um ihn in einem Band abzuhandeln, werden nun doch auch noch weitere Handlungsstränge aufgegriffen und weiter geführt, die bereits aus dem ersten Band stammen.

Die Erzählweise ist durch ihre nüchterne und rohe Art sehr atmosphärisch und lässt ein wenig das Kino im Kopf anlaufen. Im Mittelteil kommt die Handlung allerdings etwas ins Stocken, aber wenigstens werden die Längen durch neue Hinweise rasch wieder überwunden und zum Ende hin nimmt das Geschehen wieder ordentlich Fahrt auf.

Immerhin konzentriert sich RJ Barker nur auf eine gewisse Anzahl von Figuren, so dass man sich auch ohne Dramatis Personae gut zurecht findet.

„Der Ruf der Knochenschiffe“ ist die gelungene Fortsetzung der „Gezeitenkind“-Trilogie, in der viele Weichen gestellt werden. Spaß an der epischen und sehr detailreich geschilderten Geschichte mit dem besonderen maritimen Flair werden vor allem die Leser haben, die auch die ausführlichen Erzählungen von Robin Hobb und Co. mögen.