Sergej Lukianenko: Labyrinth der Spiegel (Buch)

Sergej Lukianenko
Labyrinth der Spiegel
(NAONPUHT OTPAXEHNU)
aus dem Russischen übersetzt von Christiane Pöhlmenn
Titelillustration von Animagic
Heyne, 2010, Paperback, 608 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-453-52775-1

Von Carsten Kuhr

In einer nicht allzu fernen Zukunft hat sich die Unterhaltungswelt gravierend geändert. Durch die Erfindung eines einzelnen Mannes, der eigentlich nur einen kleinen Film zum Meditieren entwickeln wollte, ist es gelungen, virtuelle Welten erlebbar zu machen. Seitdem verbringen immer größere Teile der Bevölkerung, wenn sie es sich denn finanziell leisten können, ihre Zeit damit, in Spielwelten einzutauchen und am eigenen Leib zu erfahren, wie das wohl so ist, wenn man als Söldner, Playboy oder Meisterdieb die jeweilige Realität unsicher macht.

Leonid ist einer der versiertesten Diver des Netzes. Gegen Bares beschafft er seinem Auftraggebern, was immer sie an Geheimnissen wünschen. Das geht weit über die Tätigkeit des normalen Hackers hinaus, muss er sich seinen Weg doch oftmals freikämpfen oder mit Geschick und Mut ergaunern. Er gehört zu den absolut Besten was die Tiefe, so der Name der virtuellen Spielwiese, auf der sich alle tummeln, zu bieten hat.

Eine Tages wird er von einer Legende gekidnapped. Der Mann Ohne Gesicht entsendet ihn in das Labyrinth des Todes, dem Actionknaller schlechthin. Hier gilt es, einen dort in einem der späteren Level festsitzenden Spieler aus dem Spiel zu geleiten. Bereits mehrere Diver sind an der Aufgabe gescheitert, als Leonid aufbricht – und an seine Grenzen gelangt...

Seitdem Sergej Lukianenko vor ein paar Jahren auch bei uns mit seiner „Wächter“-Serie für Furore sorgte, hat nicht nur die russische SF einen Schub bekommen, auch Lukianenko selbst wurde und wird von seinem Hausverlag und Lesern immer weiter entdeckt. Dabei, und dies ist vorliegend sehr wichtig, greift Heyne auch auf relativ alte Bücher aus der Feder des bei uns mittlerweile bekanntesten russischen Phantasten zurück. Vorliegender Roman entstand vor geraumer Zeit, und das merkt man sowohl der Zeichnung der Personen als auch in noch weit größerem Maße der virtuellen Technik, die im Roman Verwendung findet, an. Über die beschriebene Hardware lacht man mittlerweile, die aktuellen Games sind weit ausgereifter als im Buch vorkommenden Spiele.

Blendet man dies aus, lässt man sich auf die Handlung ein, so erwartet den Leser eine muntere, actionlastige Erzählung, in der wir unserem Erzähler in eine durchaus faszinierend ausgestaltete virtuelle Welt folgen. Die Handlung – die Rettung des festsitzenden Spielers, der sich später als etwas mehr entpuppt als erwartet – erinnert von der Anlage her an eine traditionelle Queste, es wird viel gekämpft, intrigiert und es gilt, Geheimnisse aufzudecken. Das ist durchaus abwechslungsreich aufgezogen, hat Tempo und einige Überraschungsmomente, reicht aber, und das muss man deutlich sagen, an die besseren der „Wächter“-Titel oder „Spektrum“ nicht heran.

Man wird gut und spannend unterhalten, der lesefreundliche Satzspiegel sorgt dafür, dass die Augen nicht zu schnell ermüden, und dass das Buch bequem in einem Rutsch durchgelesen werden kann – mehr aber auch nicht.