Timothy Zahn: Jagd auf Ikarus (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 29. Dezember 2010 21:05
Timothy Zahn
Jagd auf Ikarus
(The Icarus Hunt, 1999)
Deutsche Übersetzung von Martin Gilbert
Titelbild von Arndt Drechsler
Heyne, 2010, Taschenbuch, 608 Seite, 9,99 EUR, ISBN ISBN 978-3-453-52756-0
Von Carsten Kuhr
Jordan McCell ist als „freier Unternehmer“ in der Galaxis unterwegs. Nachdem die Patth mit ihrem Stardrive fast alle freien Handelsschiffe der anderen Rassen aus dem Gewerbe gedrängt haben, blieb dem hoch verschuldeten Kapitän und seinem Freund und Partner, dem kalixirianischen Mechaniker Ixil T´adee, nur ein Ausweg übrig. Sie ließen sich mit dem organisierten Verbrechen in der Spirale ein und wurden Schmuggler. Seitdem sorgen sie dafür, dass der Nachschub an Edelmetallen und Drogen nicht abreißt.
Ihr letzter Auftrag ist noch nicht abgeschlossen, sie sind ihrem Zeitplan aber weit voraus, so dass sie einen ungeplanten Zwischenstopp einlegen können. Und was machen Raumschiffer gleich jedweder Rasse, wenn sie Zeit haben? Richtig, sie besuchen die örtliche Kneipe. In dieser wird Jordan von einem Fremden angesprochen, der dringend eine Besatzung für sein Raumschiff, die IKARUS rekrutieren will. Die Bezahlung ist gut, zumal Jordan die Fassade des armen, aber ehrbaren Raumfahrers aufrechterhalten muss, so dass er kurzerhand anheuert, die IKARUS zur Erde zu überführen. Mit an Bord eine geheimnisvolle Fracht, die bei einer Ausgrabung auf dem Planeten entdeckt wurde – und ein Mörder! Damit nicht genug, scheint die ganze Galaxis, angeführt von den Patth, hinter der IKARUS her zu sein. Was nur transportiert das Schiff, dass die Patth bereit sind, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um ihrer habhaft zu werden? Es kann sich eigentlich nur um einen anderen, besseren Sternenantrieb handeln, der das de facto Monopol der Patth brechen würde – oder doch nicht? So beginnt ein Wettlauf mit ihren tödlichen Häschern. Von Planet zu Planet schleppt sich die IKARUS, und ein mörderischer Verräter an Bord und ein blinder Passagier verkomplizieren die Situation noch zusätzlich …
Timothy Zahn ist dem SF-Freund kein Unbekannter. Nach dem ausgezeichneten, ebenfalls bei Heyne aufgelegten „Astra“ und den wirtschaftlich sehr erfolgreichen „Blackcollar“- und „Eroberer“-Trilogien, legte man rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft mit vorliegendem Roman ein schon älteres Werk des Autors auf. Wie der bereits erwähnte „Astra“, aber auch „Totmannschaltung“, erwartet den Leser ein munteres Weltraumabenteuer klassischer Prägung. „Space Opera“ nannte man anno dazumal diese Subgattung der Science Fiction, die ihre Leser unterhaltsam und spannend, voller exotischer Welten und fremder Rassen, unterhielt. Mittlerweile sind derartige Werke leider nicht mehr en vogue, so dass man in den Regalen der Buchhandlungen oftmals vergebens nach entsprechendem Lesefutter sucht. Einzig Jack McDevitt und Alan Dean Foster (beide bei Bastei-Lübbe) verwöhnen ihre Fangemeinde noch mit intergalaktischen Geheimnissen satt.
Vorliegender umfangreicher Roman liest sich wie aus einem Guss. Voller Drive – und bei Zahn selten gelesener Fabulierfreude – rast die abwechslungsreiche Handlung ihrem überraschenden Finale entgegen. Die Personen sind glaubwürdig gezeichnet und offenbaren nach und nach ihre jeweiligen Geheimnisse. Besonders gelungen ist dieses Mal die Darstellung der unterschiedlichen Aliens. Insbesondere die Kalixi, die mit frettchenähnlichen Lebewesen eine symbiotische Beziehung eingegangen sind und die putzigen Wesen als Kundschafter nutzen, hatten es mir angetan. Daneben aber wissen auch die anderen Rassen in ihrer vielschichtigen Ausprägung zu überzeugen. Verbunden hat der Autor dies mit einer faszinierenden Kriminalhandlung. Wer ist der Verräter, warum wurde der Mechaniker ermordet, wer hat sich auf der IKARUS eingeschlichen und was nur transportiert das Schiff? Fragen, die ebenso stimmig wie überraschend aufgelöst werden. Man darf als Leser miträtseln und mutmaßen, ahnt so Manches, nur um dann doch wieder von den Offenbarungen überrascht zu werden. Die sehr angenehm zu lesende Übersetzung, die viele umgangssprachliche Ausdrücke und lustige Redewendungen mit einfließen lässt, trägt zum Lesegenuss zusätzlich bei.
Insgesamt ein trotz der Länge unglaublich packend zu lesendes Buch, in dem es einmal nicht um die Vernichtung ganzer Galaxien geht, sondern das sich mit kleineren Brötchen, sprich Geheimnissen, zufriedengibt, dabei aber auf der ganzen Linie zu überzeugen weiß und den Rezipienten, nach durchgemachten Nächten letztlich befriedigt zurücklässt – Heyne, bitte mehr davon!