Amie Kaufman & Meagan Spooner: Die Göttin und der Prinz - The Other Side of the Sky 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 07. November 2022 16:52
Amie Kaufman & Meagan Spooner
Die Göttin und der Prinz
The Other Side of the Sky 1
(The Other Side of the Sky, 2020)
Übersetzung: Katja Hald
dtv, 2022, Hardcover, 460 Seiten, 20,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Generationen ist es nun her, dass die Welt vom giftigen Nebel heimgesucht wurde, die Menschen diese verlassen haben. Sie zogen sich in riesige, am Himmel schwebende Inseln zurück. Hier, weit über der Erde; bauten sie sich ihr hochtechnisiertes Reich auf, hier vergaßen sie den Großteil ihres Wissens. Sollten die Inseln eines Tages sinken, ja stranden, weiß niemand wie die Maschinen, die diese in der Luft halten, repariert werden können.
North gehört der Herrschaftsfamilie Alciels an. Er will sich mit dem Status quo nicht zufrieden geben, er sucht alte Technologie, bastelt sich aus Relikten einen Gleiter, der statt den üblichen Segelflugzeugen mit Motorunterstützung fliegt.
Eines Tages, seine Verwandten haben seinen Versuch, die verkarsteten Strukturen und Denkweisen aufzubrechen nicht gut aufgenommen, stürzt er ab und landet dort, wo keiner überleben kann - auf der Oberfläche, im mystischen Darunter.
Doch so unwirtlich wie gedacht ist die Erdoberfläche nicht. Seit der Trennung haben sich die Menschen hier mit der Gefahr des Nebels arrangiert. Lebende Göttinnen wachen über sie, die mit ihren magischen Gaben die größten Gefahren abwehren; eine Sage verheiß, dass die zum Himmel aufgefahrenen Götter eines Tages zurückkommen und sie retten werden.
Nimh ist die aktuell lebende Göttin, die niemand berühren darf. Anders als alle Göttinnen vor ihr, hat sie bislang keine helfende magische Gabe entwickelt, die Zweifel an ihr, an der Theokratie mehren sich.
Als sie auf North trifft entwickelt sich etwas, das niemand vermutet hätte - nicht nur, dass sich die Beiden näher kommen, die Welten aus denen sie stammen berühren sich…
Wir kennen Amie Kaufman aus ihren mit Jay Kristoff zusammen verfassten und bei dtv sowie Sauerländer aufgelegten Science-Fiction-Trilogien. Vorliegend hat sie sich eine andere Kollegin mit ins Boot geholt, um uns einen - ja, was ist es eigentlich? Eine Dystopie? Ganz bestimmt, leidet die Welt des Darunter doch unter dem desaströsen Nebel; eine Welt der Magie, das erinnert wiederum an Fantasy, aber auch hochtechnisierte, fliegende Städte = Science Fiction.
Die beiden Verfasserinnen erklären zu Beginn nicht viel - falsch, eigentlich gar nichts. Sie werfen ihre Leserinnen und Leser in diese zweigeteilte Welt, lassen sie diese nach und nach, anhand der Erlebnisse der beiden Protagonisten, erkunden. Und das ist gut so, entfaltet diese Welt doch dadurch ihren besonderen Reiz.
Ich erkundete gespannt das Darunter, das mich an das ländliche Thailand erinnerte, ich verfolgte mit, wie unsere Beiden aufeinandertrafen und einander annäherten und beobachtete die absonderlichen Kreaturen und die überbrodelnde Natur des Darunter.
Die Autorinnen inkludieren jede Menge gleichgeschlechtlicher Beziehungen - zu Beginn wird gar eine Dreiecksbeziehung eingeführt -, ohne dies groß in den Vordergrund zu rücken. Das ist in sich stimmig, passt zu den beschriebenen Gesellschaften.
North ist ein guter Junge - soll heißen, ein sehr naiver Charakter, der das akzeptiert, was ihm zustößt, der an Technik glaubt. Nun ist er im Darunter gefangen, einer Welt, in der es Magie gibt, in der die Menschen, die es nach Überzeugung Alciels gar nicht geben dürfte, mit und in der feindlichen Natur leben, durch die göttlichen Gaben geschützt werden. Eine Welt also, die das genaue Gegenteil seiner bisherigen Umgebung darstellt. Das Aufeinandertreffen dieser Welten birgt einen besonderen Reiz für den Rezipienten.
Der Roman, dem der Verlag im Herbst 2023 eine Fortsetzung folgen lassen wird, richtet sich an ein jugendliches Publikum. Durch die beiden so unterschiedlichen, jedoch jeweils von ihren Altersgenossen separierten Jugendlichen erhalten wir einen Einblick in ihre Welt, in ihr Denken und Fühlen. Der Romantikfaktor ist nicht zu hoch - die im Mittelpunkt stehende sehr schön ausgearbeitete Welt, ist der eigentliche Hauptdarsteller des Romans, sie fasziniert uns, ja zieht uns in ihren Bann.