Superman - Sohn von Kal-El 1: Der neue Mann von Morgen (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 07. November 2022 09:47
Superman - Sohn von Kal-El 1
Der neue Mann von Morgen
(Superman, Son of Kal-El: The Truth, Vol. 1 (1-6), 2022)
Text: Tom Taylor
Titelbild: John Timms
Zeichnungen, John Timms, Daniele di Nicuolu
Übersetzung: Christian Heiß
Panini, 2022, Paperback, 156 Seiten, 18,00 EUR
Rezension von Karl E. Aulbach
In der Einführung findet sich die Bezeichnung „Superman 2.0“, und dem kann man nur zustimmen: Mit dem Sohn von unserem ‚alten‘ Superman Kal-El beginnt wirklich eine neue Ära.
Tom Taylor als Autor hat viele Figuren endlich mal ernsthaft charakterisiert. Das ist ihm so gut gelungen, dass auch Superman Sr. hervorragend wegkommt, obwohl der Junior ganz neue Wege einschlagen will. Genial das Vater-Sohn-Gespräch, in dem die beiden in einer gelungenen und respektvollen Art und Weise Argumente austauschen. Allein diese Szene verdient ein großes Bravo bei all der Rechthaberei und Polemik, die nicht nur im Internet, sondern zum Beispiel auch auf den Leserbriefseiten vieler Zeitungen zu finden sind.
Wenn man über die Figur nachdenkt, kommt man schnell darauf, dass bisher Vieles ausgeklammert blieb. Superman kämpfte gegen irgendwelche Gegner und hat sich im Übrigen darauf beschränkt, mal ein Flugzeug oder Schiff zu retten. Der junge Superman weiß, dass er mit seinen Kräften viel mehr tun könnte, wenngleich das dann auch einen Einsatz in einem gewissen politisierten Rahmen erfordert. Wirklich sehr erfrischend das Ganze. Man darf sehr gespannt auf die Fortsetzungen sein!
Keine Angst übrigens, die Action kommt dabei keineswegs zu kurz. John Timms setzt die Story auch graphisch sehr schön um.
Zum Negativen: Ob es daran lag, dass die Arbeit für Timms zu viel war? Keine Ahnung. Jedenfalls stammt das wohl vierte Kapitel von einem anderen Zeichner, Daniele di Nicuolu. Im direkten Vergleich ist es leider geradezu ein qualitativer Absturz.
Noch ein unleidiges Thema: Liebe Verlage, Ihr habt uns mittlerweile so gut erzogen, dass wir wirklich alle tolerant sind, sofern wir das nicht schon immer waren. Aber müssen jetzt tatsächlich in jedem Buch aus übertriebener Politischer Korrektheit ein schwarzer, weißer, gelber, brauner Mensch und dazu natürlich auch Lesben, Schwule und sonstige Diverse vorkommen? Man hat diese Genderei und das Abhaken von Quoten so satt, dass man kurz davorsteht, solche Titel zu boykottieren! Es ist eine Sache, ganz zwanglos ‚diverse Figuren‘ auftreten zu lassen, aber etwas völlig anderes, sie dem Publikum aufzunötigen und den Eindruck zu erwecken, dass diese die Norm und heterosexuelle Frauen und Männer eine verschwindende Minderheit darstellen.
(Nachträgliche Anmerkung des Verfassers, der gegenüber ‚PoC‘ und ‚Diversen‘ keinerlei negativen Gefühle hegt: Kurz vor Redaktionsschluss habe ich erfahren, dass Panini diese ganze LGBTIQ-Thematik demnächst hoffentlich getrennt (?) unter dem Label „DC Pride“ vermarktet. Als politischer Mensch mag man eine andere Meinung haben; für den Leser, der seine Zeit nicht mit solchem ‚Gedöns‘ verschwenden, sondern einfach nur gut unterhalten werden will, wäre es jedenfalls eine Erleichterung.)
Superman Jr. als Schwuler setzt dem Ganzen die Krone auf. Sehr schade, denn mit nur ein paar Buchstaben mehr, hätte der Junior eine toughe Freundin gehabt, und wir Leser könnten uns nicht nur über eine klassische Romanze freuen, sondern endlich auch mal über eine interessante weibliche Hauptfigur, von denen ja immer noch viel zu wenige auftreten.
Nein, dafür gibt es dennoch keinen Punkteabzug! Nicht mal für die verkorksten Zeichnungen von Daniele di Nicuolu. Man darf annehmen, dass sich die Verlage damit selbst bestrafen. In den USA wird es genügend Leser geben, die abspringen, und in manchen Ländern, wie zum Beispiel Ungarn, ist wohl damit zu rechnen, dass solche Titel nicht erscheinen können, was beides schade ist. Die Geschichte und vor allem die Charakterisierungen sind wirklich so gut, um nicht zu sagen ‚super‘, dass es trotzdem die volle Punktzahl gibt.
Der neue „Superman“ kann wirklich empfohlen werden. Es lohnt sich, die Figur neu zu entdecken.