Gavin Smith: Der Veteran (Buch)

Gavin Smith
Der Veteran
(The Veteran)
Aus dem Englischen übersetzt von Bernhard Kempen
Titelillustration von Shutterstock
Blanvalet, 2010, Taschenbuch, 654 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-442-26769-9

Von Carsten Kuhr

Sechzig Jahre ist es nun her, dass die Menschheit, die nach einem nuklearen Krieg gerade wieder auf die Beine gekommen ist, in den besiedelten Sonnensystemen auf eine aggressive Alienrasse stieß. Seitdem tobt ein von beiden Parteien gnadenlos geführter Krieg, der immer mehr Opfer fordert.

Vorhang auf für unseren Protagonisten. Einst gehörte er zu den menschlichen Eliteeinheiten, sein Körper wurde mit unzähligen Implantaten aufgerüstet, seine Reaktionsgeschwindigkeit mittels Drogen gesteigert. Seitdem er aber gegen Befehle gemeutert hat, sind seine teuren Hilfsmittel abgeschaltet und er selbst wurde unehrenhaft aus dem Britischen Space Corps entlassen. Mittlerweile lebt Jakob Douglas auf einer der vielen im Fluss angeketteten, ausrangierten Ölplattformen, und verbringt seine Tage damit, sich in virtuellen Welten zu verlieren und im Drogen- und Alkoholrausch von besseren Zeiten zu träumen. Als das Undenkbare geschieht, ein Expeditionsschiff der Aliens die Blockade um die Erde durchdringt und in der Nähe von Douglas´ Wohnort havariert, wird der einstige Elitesoldat reaktiviert.

An der Absturzstelle angekommen muss er entdecken, dass der Feind bereits abtransportiert wurde. Die Spur führt zu einem ausgemusterten Schiff das zwischenzeitlich als Wohnung und Bordell genutzt wird. Nach der blutigen Auseinandersetzung mit dem lokalen Luden findet Douglas den schwerverletzten Alien in der Obhut der minderjährigen Prostituierten. Doch was ihm als bedrohlicher Einzelkämpfer angekündigt worden war, das entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Botschafter, der Friedensverhandlungen führen soll. Das Bewusstsein des sterbenden Aliens wird in den Kopf einer der Huren übertragen, dann müssen diese und Douglas fliehen. Verfolgt von Militäreinheiten führt sie ihr Weg durch postnukleare Wüsten, gepflegte Parks und versunkene Städte...

Zu Beginn des umfangreichen Romans hatte ich ein wenig das Gefühl, einen Bruder im Geiste von Richard Morgans Takeshi Kovak in Händen zu halten. Selbstzynisch – ironisch kann man dazu nicht mehr sagen – schildert uns der Autor in eindrucksvollen Szenen das Leben, eigentlich eher das Dahinvegetieren, eines Großteils der verarmten Menschheit. Das erinnert in seiner Trostlosigkeit ein wenig an „Blade Runner“, verbunden mit einer virtuellen Welt der Ablenkung. Daneben bietet der Roman in Kombination mit packenden Kampfbeschreibungen, rasanten Jagden und jeder Menge Action eben auch den bewussten Blick auf soziale Missstände – natürlich verkleidet in einem zukünftigen Britannien – verbindet diese mit post-apokalyptischen Einsprengseln und ein wenig Cyberpunk-Anleihen. Im Vordergrund steht aber ganz klar die Action. Auch wenn man im Mittelteil des Buches das Gefühl hat, dass selbigem eine Kürzung gutgetan hätte, wird man packend und kurzweilig unterhalten.

Die Anleihen, die Smith tätigt, sind deutlich, die Versatzstücke bekannt, doch er bemüht sich, letztlich erfolgreich, diese zu einem eigenen Ganzen zu verbinden. In seiner Direktheit, dem nie versagenden Nachschub an Munition, egal wie oft der Abzugsbügel der Waffen betätigt wird, und der Konzentration auf männliche Figuren – Frauen treten fast nur als Nutten auf – erinnert mich das Buch an moderne Ego-Shooter-Games. Das Gebotene zielt wohl in erster Linie auf ein jugendliches, männliches Publikum, das entsprechende Spiele gespielt hat, und nun verlockt werden soll, zu einem adäquaten Buch zu greifen.

Das Finale, das eine Fortsetzung ermöglicht aber nicht unabdingbar macht, erweist sich dann als Höhepunkt des Bandes, mit dem Blanvalet abseits von „Star Wars“ endlich einmal wieder überzeugend den Science-Fiction-Freund bedient.