Kevin Sands: Der Schatz des Magiers - Shadow Thieves 1 (Buch)

Kevin Sands
Der Schatz des Magiers
Shadow Thieves 1
(Children of the Fox, 2021)
Übersetzung: Alexandra Ernst
Titelbild: Isabelle Hirtz
dtv, 2022, Hardcover, 426 Seiten, 17,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Das Schicksal meinte es nicht gut mit Callan. An seine Mutter hat er keine Erinnerung mehr, die junge Frau, die sich um ihn kümmerte verschwand urplötzlich spurlos und der Junge stand hungrig und alleine da. Als er mit grollenden Magen einen Apfel stiehlt, erwischen ihn die Stockmänner - die Narben der Peitsche auf seinem Rücken zeigen die Folgen seiner Tat.

Ein älterer Mann nimmt sich des hilflosen Jungen an. Er bringt dem Steppke alles bei, was man als Trickbetrüger wissen muss - und Callan hat Talent.

Als auch der Alte eines Tages verschwindet, steht er erneut vor dem Nichts. Da kommt ein Angebot eines Webers aus Carlow, wie man die Magier nennt, gerade recht. Zusammen mit vier Gleichaltrigen soll Callan dem Obersten der Weber aus dessen streng gesichertem Haus ein magisches Kleinod klauen - als Preis winken zwei Millionen. Dumm nur, dass sie für den Auftrag lediglich drei Tage Zeit haben. Bis zum Abend der Syzygie, an der beide Monde in Konjunktion zum Planeten stehen, muss der Auftrag ausgeführt sein.

Callan weiß, dass er betrogen werden soll. Alles, aber wirklich auch alles weist darauf hin. Verlangen, Gier und Zeitdruck - das sind die Bestandteile eines erfolgreichen Bluffs; auf ihn und seine Gefährten wartet eine Falle, aber das weckt nur den Ehrgeiz der jungen Diebe.

Doch damit noch lange nicht genug, mischen sich Elementarwesen ein, es droht die Vernichtung der Schöpfung und Callan verliert sein Auge - na lesen, Sie mal selbst…


Die Älteren unter uns kennen vielleicht noch „Der Clou“ mit Robert Redford in der Hauptrolle, die Jüngeren haben möglicherweise Leigh Bardugos „Krähen“-Reihe oder Scott Lynchs „Loke Lamore“-Serie gelesen und waren begeistert. Es geht jeweils um eine Gruppe Trickbetrüger, die gewieft und phantasievoll ihr jeweiliges Opfer ausnehmen. Dass sie zumeist diejenigen um ihre Schätze erleichtern, die diese unrechtmäßig erworben haben, macht den Kino-Genuss beziehungsweise die Lektüre nur noch interessanter.

Sands geht zunächst einen vergleichbaren Weg. Er stellt uns seinen Erzähler vor, schildert uns dessen schweres Schicksal, seine Träume - wie etwa, sich eine Lehrstelle bei der Luftschifffahrt in Zeppelinen zu suchen und die schmerzenden Narben magisch entfernen zu lassen - führt Unterstützer, Auftraggeber und Ziel des Coups hinzu und dann geht es an den Diebstahl.

Soweit das erwartete, bekannte Bild. Dann aber, wir sind immerhin erst in der Mitte des Buches angelangt, fügt der Verfasser etwas hinzu. Es geht nicht mehr nur um einen raffiniert ausgeführten Diebstahl, sondern plötzlich um die Schöpfung der Welt, die Bedrohung dieser Schöpfung, um gottähnliche Elementarwesen - hoppla, jetzt wird der bis dahin recht stringente Plot unerwartet tiefgründiger.

Die mystische Ebene, die Verluste und Geheimnisse, die auf unsere Truppe warten, verleihen dem Roman eine weitere, anspruchsvollere Ebene. Statt „nur“ spannend zu unterhalten, geht es jetzt um Verantwortung, Vertrauen, um Selbstfindung und Aufopferung - das hat ein anderes Gewicht, das verleiht dem schon sehr rasant und unterhaltsamen Handlungsbogen Tiefe. Die Geheimnisse müssen eingeordnet werden, die jugendlichen Leser müssen sich mit Themen auseinandersetzen, die ebenso wichtig wie so manches Mal schwierig sind.

So ist dies ein packender, ein spannender, ein rasanter Auftakt, dessen zweiter Teil bei dtv bereits in Vorbereitung ist.