Renée Ahdieh: The Damned - Jäger und Gejagte (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 07. Juli 2022 12:35
Renée Ahdieh
The Damned - Jäger und Gejagte
Der Hof der Löwen 2
(The Damned, 2020)
Übersetzung: Wolfgang Thon
Piper, 2022, Paperback, 414 Seiten, 15,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Im ersten Band des Zweiteilers erlebten wir mit, wie Celine, die junge Schneiderin aus Paris; im Jahr des Herren 1872 auf ihrer Flucht nach New Orleans kommt. Zunächst im Ursulinenconvent untergebracht, lernt sie statt eines honorablen Gemahls einen faszinierenden Mann kennen - und lieben. Dass dieser aus einer der die Stadt beherrschenden alteingesessenen Familien stammt, steht auf der Haben-Seite, im Soll, dass er umgeben ist von lasziven Übernatürlichen.
Sébastien Saint Germain sollte eigentlich, so der Plan des Familienoberhaupts, weltliche Karriere als Gouverneur machen, allein, es kommt anders. Der Beau verliebt sich in die junge Frau, gerät in Konflikte und wird zum Vampir gewandelt. Celine wird jegliche Erinnerung an ihren Liebhaber genommen.
Doch so einfach kann sie ihre großen Gefühle, das Loch in ihrem Inneren - wo einst die Begegnung mit Sébastien und seinem Hofstaat für emotionale Berg- und Talfahrt sorgte - nicht ablegen. Sie ahnt, dass ihr etwas genommen wurde und macht sich auf die Suche nach dem Verschwundenen - und stößt auf den Beau, seine Freunde und Verbündete.
Währenddessen greift in der Stadt am Mississippi die Gewalt um sich. Mit der Wandlung Sébastiens wurde der Vertrag zwischen den Vampiren und den Werwölfen gebrochen - der so lange schwelende Konflikt kocht hoch.
Währenddessen versucht Sébastien alles, um wieder lebendig zu werden. Die Reise in die den Vampiren verbotene Anderswelt offenbart ihm, dass sich hinter seiner geliebte Celine weit mehr verbirgt, als gedacht.
Der zweite Band liegt vor respektive hinter mir. Es geht erneut, das ist unschwer zu erkennen, viel um große Gefühle, Kleidung, um eine junge Frau, die sich immer noch zwischen verschiedenen Galanen nicht recht entscheiden kann, um das Savoir-vivre des Big Easy. Romantasy der besseren Art, einfach schon deshalb, weil uns die Verfasserin neben ihrer Liebesgeschichte voller Verwicklungen und Gefühle auch eine packende Story erzählt.
Zwar nutzt sie in diesem Roman die faszinierende Kulisse des Big Easy kaum mehr wirklich als Bühne - die entsprechenden Beschreibungen hat sie im Auftaktband inkludiert -, jetzt tritt die Stadt mehr in den Hintergrund, dafür aber rücken die Figuren immer mehr nach vorne.
Vom Ansatz her erinnert Vieles natürlich an Vorlagen wie zum Beispiel die „West Side Story“. Zwei einstige Freunde aus verfeindeten Familien streiten um eine Frau. Dieses Grundschema hat Ahdieh insoweit aufgepeppt, als sie die Galane jeweils übernatürlichen Familien zugewiesen hat, hier nach und nach die Geschichte der Vertreibung der Vampire und Werwölfe aus ihrer angestammten Heimat thematisiert.
Dazu gesellen sich durchaus interessante Nebenfiguren: In einer Welt, in der die Sklaverei erst kürzlich abgeschafft wurde, in der Rassismus nach wie vor weit verbreitet ist, in der der Platz der Frau am Herd und in der Kirche gesehen wird, stellt sie uns Männer und Frauen vor, die anders sind. Rebellen im positiven Sinn - Ausgegrenzte, die ob ihres Blutes, ihrer sexuellen Ausrichtung oder ihrer Emanzipation anecken und angefeindet werden.
Handwerklich erneut geschickt berichtet sie uns nicht nur von der alten Mär des Kampfs zweier Völker der Nacht, sondern auch von der Suche nach Freiheit, nach Selbstbestimmung.
Das geht weit über das Übliche, das uns in Romantasy-Romanen erwartet, hinaus, das liest sich flüssig, spannend ja auch teilweise ergreifend - ergo eine Empfehlung wert.