Richard Gavin: Uraltes Holz und andere Geschichten (Buch)

Richard Gavin
Uraltes Holz und andere Geschichten
Übersetzung: Michael Siefener
Titelbild: Francisco de Goya
Wandler, 2022, Taschenbuch, 162 Seiten, 15,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Richard Gavin zählt zu der jungen Garde der bei uns noch weitgehend unbekannten Autoren aus Übersee. In Kanada lebend hat er eine besondere Beziehung zu Deutschland, wie sich unschwer aus seiner Widmung erkennen lässt.

Der Wandler Verlag legt nun erstmalig einen extra für diese Veröffentlichung zusammengestellten Band mit drei Preziosen aus Gavin´scher Fertigung vor. Als Übersetzer konnte man Michael Siefener gewinnen - eine mehr als gute Wahl, wie die vorliegenden Übertragungen beweisen.

 

Den Auftakt macht die titelgebende Novelle, die mit 77 Seiten dem Buch ihr Gepräge gibt. Erzählt wird die Geschichte einer Trennung von zwei introvertierten Menschen. Beide, passionierte Buchliebhaber, haben sich entliebt, haben ihre Verbindung zueinander verloren. Als sie die Konsequenzen zieht, bleibt er mit dem gebuchten Urlaub zurück. Tief verstört, innerlich gekränkt reist Neil in das gebuchte Ferienhaus, findet im angrenzenden Wald einen Weißdornbusch und in diesem ein merkwürdig aussehendes, geschnitztes Abbild eines animalischen Kindes; einen Fetisch, der nach und nach die Gedanken Neils beherrscht und gar außergewöhnliche Entwicklungen nach sich zieht.

Daran schließt eine Hommage an Hanns Heinz Ewers an, in der uns der Verfasser zunächst in die Bombennächte des Zweiten Weltkrieges führt. Hier begegnet uns ein etwas merkwürdiger Mann, der wie seine früh an der Grippe gestorbene Mutter vor ihm auf der Suche nach dem Teufel ist - und diesen bedauerlicherweise auch findet.

Die letzte Erzählung beschäftigt sich mit einem immer imminenter werdenden Problem - die Menschen werden immer älter, Demenz greift um sich. So auch bei einem noch in seinem Haus lebenden Opa, dessen Frau gestorben ist. Zusammen mit seinen Enkeln macht er einen Ausflug in den angrenzenden Wald - und geht auf dem ihn so vertrauten Pfaden verloren.


Allen Beispielen gemein ist, dass sie überdeutlich die Gabe des Verfassers zeigen, uns zunächst in der Realität fußend ins Unwirkliche zu ziehen. Stilistisch wunderbar ausgefeilt stellt er uns seine Figuren vor, bringt diese in einen Kontext mit der Natur - zumeist dem Wald, aber auch dem Friedhof -, um sie dann zunächst fast unmerklich mit dem Übernatürlichen zu konfrontieren. Diese Begegnung ist beileibe nicht unbedingt ein traumatischer Kontakt - seine Figuren suchen oftmals die Nähe, finden hier das, was ihnen in ihrem Alltag, ihrem Leben fehlt. Geborgenheit, Anerkennung, Zuneigung, Befriedigung, letztlich vielleicht sogar ihren inneren Frieden.

Das ist sprachlich vorzüglich umgesetzt und inhaltlich überzeugend, so dass ich gerne mehr von dem Verfasser lesen würde.