Die Meisterkartographen 1: Der Stadplanet & Die Glyphe des Hofnarren (Comic)

Die Meisterkartographen 1
Der Stadplanet & Die Glyphe des Hofnarren
(Le Maîtres Cartographes: Le Monde de la Cité, Le Glyphe du Bouffon)
Text: Christophe Arleston
Zeichnungen: Paul Glaudel
Farben: Buch 1: Brigitte Findakly, Buch 2 Sirvent & Morel
Übersetzung: Delia Wüllner-Schulz
Lettering: Dirk Schulz
Splitter, 2010, Hardcover, 96 Seiten, 19,80 EUR, ISBN 978-3-86869-177-1

Von Frank Drehmel

Mit „Die Meisterkartographen“ hat der Splitter Verlag eine Serie ins Programm aufgenommen, von der die ersten fünf Bände ursprünglich im Arboris Verlag (Band 1 bis 4; 1993 – 1997) und im Carlsen Verlag (Band 5; 2001) in Deutschland veröffentlicht wurden, bei der man dann aber den sechsten und abschließenden Band schuldig blieb. In der Neuauflage und Erstveröffentlichung nun fasst Splitter jeweils zwei Alben in einem Doppelband zusammen, wobei „Der Stadtplanet“ und die „Glyphe des Hofnarren“ den Anfang machen.

Der Name des Ortes, an dem die Meisterkartographen wirken, lautet Dandalos. Dandalos ist gleichermaßen ein Planet wie auch die Stadt, welche den gesamten Planeten einschließlich der Ozeane überzieht; eine Stadt, in der Reiche und Herrschaftsgebiete ineinander verschachtelt sind und fließend ineinander übergehen, eine Stadt, von der große Teile noch nicht kartographiert sind. Die Meisterkartographen des Instituts von Aramantes nun haben es sich seit Jahrhunderten zur Aufgabe gemacht, die Stadt zu studieren und die Pläne zu vervollständigen, haben bisher allerdings erst etwas mehr als die Hälfte erfasst. Der frisch gekürte Meisterkartograph Archim Decamp, seines Zeichens Frauenheld, Schwerenöter und Draufgänger, ausgestattet mit dem beeindruckenden Wissen seiner Zunft um Land und Leute, ist der Hauptprotagonist, um den sich die folgenden Storys ranken.

In „Der Stadtplanet“ schickt Meister Denicales den Heißsporn in das entfernte Reich Hycera, das am Rande der kartographierten Welt liegt, um dort dem Verschwinden eines Kollegen namens Gnave nachzuspüren und, falls der das Zeitliche gesegnet hat, wenigstens dessen neu erstellten Karten zu retten. Kaum abgereist wird Archim während eines Schäferstündchens mit einer Dirne Opfer eines Diebstahls, kann jedoch den Dieb – Oliver – stellen und zwingen, ihn fortan als Reisegefährte zu begleiten. Als die beiden schließlich in Hycera ankommen, erfahren sie, dass Gnave tot und seine Aufzeichnungen verschwunden sind. Damit beginnt eine heiße Jagd auf die Pläne des Kartographen, da diese Hinweise auf die letzten Wälder Dandalos' enthalten sollen; Wälder, deren Ressourcen die Stadt bedarf – so jedenfalls die Meinung des örtlichen Regenten –, denn Hycera ist im Wasser auf Baumstämmen erbaut und droht im Ozean zu versinken. Und die Gegenspieler der beiden Helden schrecken vor nichts zurück, um die Karten in die Hände zu bekommen.

In der Geschichte „Die Glyphe des Hofnarren“ zieht es nach überstandenem Hycera-Abenteuer die Helden zurück an die Schule von Aramantes. Doch das Verschnaufen ist nur von kurzer Dauer, da Archim mit der Frau des Hauptmanns der Wache anbändelt und sich sein Meister daraufhin gezwungen sieht, den Kartographen mit einem Routineauftrag möglichst weit weg in Sicherheit zu schicken. Archim soll die Karten des Viertelstaates Agrutone auf den neusten Stand bringen. Was sich zunächst als Aufgabe für einen altersschwachen Kartographen ausnimmt, entwickelt sich schnell zu einem tödlichen Abenteuer, denn in Agruntones Bevölkerung rumort es und eine Revolution steht vor der Tür. Mittendrin die beiden Helden und die geheimnisvollen Sapientisten, jene Sektierer, die schon in Hycera eine undurchsichtige Rolle spielten.

Mit der Welt Dandalos hat Autor einen bizarren, eigenständigen Hintergrund geschaffen, der viel, sehr viel Raum für Originalität böte. Bedauerlicherweise schöpft der Autor das Spezifische, das Einmalige nicht ansatzweise aus, sodass Handlung und Charaktere insgesamt beliebig bleiben und im Grunde in zig anderen Science-Fantasy-Welten angesiedelt sein könnten, ohne dass Story und Figuren großartig umgeschrieben werden müssten. Hat man die erste Enttäuschung über den Mangel an Originalität jedoch überwunden, so sieht man sich einer charmanten, leichten Abenteuerstory gegenüber, die jenseits aller Banalität durchaus unterhaltsam und wendungsreich ist und die dann doch mit einigen witzigen Details sowie zwar stereotypen, aber ziemlich coolen Hauptprotagonisten aufwartet.

Die Zeichnungen Glaudels, dessen Duktus entfernt an ältere Moebius-Arbeiten erinnert, sowie die Koloration hinterlassen ebenfalls einen ambivalenten Eindruck. Einerseits sind die Zeichnungen – gerade in der Figuren-Darstellung – skizzenhaft grob mit gleichzeitig starken Konturen, fehlt es den Hintergründen an Tiefe und Details, ist die Koloration flächig und trist, anderseits strahlen auch die Bilder jene Leichtigkeit aus, die schon die Story kennzeichnet.

Fazit: Ein letztlich belangloses, aber unterm Strich dennoch hinreichend unterhaltsames Comic, das sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch nicht die Exotik und Originalität bietet, die der Hintergrund einer weltumspannenden Stadt verspricht.