Gespenster-Krimi 4: Der Präparator (Hörspiel)

Gespenster-Krimi 4
Der Präparator
Markus Duschek
Sprecher: Bodo Wolf, Rita Engelmann, Jaron Löwenberg u. a.
Titelbild: Kito Sandberg
Contendo, 2015, 1 CD, ca. 73 Minuten, ca. 9,99 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Der letzte Bewohner dieses Anwesens hieß Roland von Rothenhaus. Er war ein passionierter Jäger und Trophäensammler. Ihm eilte der Ruf voraus, als Firmenchef hart, aber gerecht zu agieren. Zuallererst war Roland aber ein liebender Familienvater, der seiner Frau Angela und den Kindern keinen Wunsch abschlagen konnte. [...] Jedenfalls kamen Angela und die Kinder 1975 bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Roland war am Boden zerstört und blieb allein und vereinsamt im Schloss zurück. Er hielt sich nur noch wenig Personal. Irgendwann in dieser Zeit muss es dann passiert sein. Er verfiel dem Wahnsinn, holte die Leichen seiner Lieben aus dem Familiengrab und präparierte sie genauso, wie er es zuvor so oft mit den auf der Jagd erlegten Vögeln und anderen Waldtieren kunstvoll und routiniert ausgeführt hatte.“

Eine Gruppe ehemaliger TV- und Serien-Sternchen erhält das Angebot, an einem Casting für ein neues Privatsendeformat teilzunehmen. Die Einladung gibt sich vage und geheimnisvoll, doch jeder der Teilnehmenden erhofft sich Chancen auf ein Comeback. Das Ziel der Fahrt ist Schloss Rothenhaus, wo sie Produzent Frank Burkhart und seine Ehefrau Gabriele empfangen. Während der gemeinsamen Abendgesellschaft erzählt Burkhart der Gruppe, dass sich Jahre zuvor auf dem Schloss eine Tragödie ereignet hat.

Nachdem die Familie des letzten Eigentümers, Roland Rothenhaus 1975 ums Leben kam, hat dieser sie aus ihren Gräbern geholt und ausgestopft, um sie immer bei sich zu haben. Doch Roland beschränkte sein Hobby nicht auf seine Familienmitglieder, sondern ging mit einer Hirschmaske in den umliegenden Wäldern auf Menschenjagd. Er wurde geschnappt und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, aus der er jedoch eines Nachts fliehen konnte.

Und nun schlägt der Präparator erneut auf Schloss Rothenhaus zu.

„Von Rothenhaus wurde zwar tatsächlich in einer Institution für kriminelle Geisteskranke untergebracht, aber eines nachts, so erzählt man sich, entkam er während eines Stromausfalls in der Klinik. [...] Man fand nichts. Dafür sind im Lauf der Jahre ungewöhnlich viele Menschen in der Umgebung als vermisst gemeldet worden. Und auch verstümmelte und gewilderte Tiere haben die Leute aufgeschreckt. Fragt man in den umliegenden Dörfern, begegnen einem die wildesten Gerüchte. Angeblich lebt und lauert der Präparator in den Wäldern, beobachtet sein Schloss bei Tag und Nacht. Deshalb konnten wir es auch zu einem einigermaßen erschwinglichen Preis mieten.“


Wer sagt eigentlich, dass aus dem Slasher-Genre die Luft raus ist? Natürlich wird es nur noch ganz selten etwas wirklich Neues zu sehen geben, doch im Hörspiel hat das Genre immer noch Seltenheitswert. Da wäre sonst nur noch Marctropolis‘ „Der Tag, an dem man die Sonne stahl“ zu nennen, das in seiner Erzählart allerdings einen deutlich ambitionierteren Ansatz verfolgt.

Dagegen verhält sich „Der Präparator“ wie ein grundsätzlich vorhersehbarer, doch sauber produzierter Psychokiller-Film, der noch jeden Filmabend gerettet hat. Die Story wurde von Markus Duschek exklusiv für die „Gespenster-Krimi“-Hörspielreihe geschrieben und bringt souverän alles mit, was man vom Genre erwartet. Und das sogar ziemlich originell, mit einer schön schrägen Background-Story über die Anfänge des Präparators inklusive seiner Maskierung mit einem Hirschgeweih und einem ganzen Blumenstrauß wirklich toller und individuell gezeichneter Charaktere.

Schon die obligatorische Einstiegsszene mit dem ‚Schnitt‘ auf einen vom Bus überfahrenen Hasen, und der darauffolgenden Zweiergespräche der „gescheiterten Schauspielerexistenzen, die auf einen Nachschlag ihrer 15 Minuten Ruhm hoffen“ im Bus sind einfach super geschrieben und funktionieren phantastisch, um die durch die Bank sympathischen Figuren vorzustellen. Dass dabei noch einige Contendo-Serien durch den Kakao gezogen werden, ist das witzige Tüpfelchen auf dem „i“.

Es folgen die Begrüßung im Schloss, die zarte Entwicklung gegenseitiger romantischer Interessen und die nächtliche ‚Lagerfeuergeschichte‘ des Produzenten, bis schließlich die ersten Protagonisten verschwinden und nach einigen Theorien über den Verbleib der Abwesenden die Slasher-Action startet. Und natürlich ist der Mörder näher, als man denkt.

Das bewegt sich alles in bekannten Bahnen, doch weiß Markus Duschek um die Stärken des Genres, nutzt diese und umschifft die Stolperfallen. Dazu hat er das Timing seiner Geschichte über die komplette Länge perfekt in der Hand, sodass keine der 73 Spielminuten zu lang erscheint. Auch das Ende ist Genre mäßig perfekt abgerundet.

Die Sprecherinnen und Sprecher (unter anderem Tanjka Dohse, Jaron Löwenberg, Uschi Hugo, Uta Dänekamp) sind ebenfalls hervorragend besetzt und vermitteln im Zusammenspiel tatsächlich das Gefühl, es mit einer zusammenwachsenden Zweckgemeinschaft zu tun zu haben. Mit seiner Rolle als undurchsichtiger Produzent Frank Burkhart sowie durch seine einprägsame Stimme ‚thront‘ über dem Ensemble der großartige und vielbeschäftigte Bodo Wolf.

Autor Markus Duschek konzentriert sich in „Der Präparator“ auf die Stärken des Genres und auf das perfekte Timing seiner Geschichte, was zusammen mit der phantastischen Besetzung viel mehr zählt als zwanghaft pseudo-originelle Ideen.