Devolution (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 04. März 2022 11:29

Devolution
(Devolution 1-5, 2017)
Text: Rick Remender
Titelbild: Jae Lee
Zeichnungen: Jonathan Wayshak
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Splitter, 2017, Hardcover, 160 Seiten, 24,80 EUR
Rezension von Elmar Huber
Gegenwart: Die Erde steuert dem ökologischen und gesellschaftlichen Kollaps entgegen, Meldungen von Krieg, Terror-Anschlägen und sonstigen menschlich verursachten Katastrophen sind an der Tagesordnung. Auf der Suche nach einer Lösung erklären die Politiker schließlich den religiösen Glauben zur Wurzel allen Übels, und eine internationale Gruppe Wissenschaftler entwickelt den Wirkstoff DVO-8, der den ‚zum Glauben anfälligen‘ Teil des menschlichen Gehirns schrumpfen lassen soll.
Doch leider lässt DVO-8 noch mehr schrumpfen - Menschen entwickelten sich zurück auf die Evolutionsstufe von Neandertalern - und beschränkt sich auch nicht auf die Spezies Mensch, sodass sich die wenigen Homo sapiens, die keine Rück-Evolution erfahren haben, von einer Fauna und Flora umgeben sehen, die es so höchstens in der Urzeit gegeben hat.
Zukunft: In diesem Umfeld bewegt sich Raja, eine der letzten normalen Menschen. Ständigen Angriffen von Neandertalern, Mammuts, Säbelzahntigern und sonstigen Urviechern und Mutationen ausgesetzt, befindet sie sich, auf der Suche nach einem Gegenmittel gegen DVO-8, auf dem Weg nach San Francisco. Unterwegs stößt sie auf eine Enklave ebenfalls unveränderter Menschen, deren Anführer seine Männer und Frauen mit eiserner Hand und stahlhartem Schwanz regiert.
Schnell muss Raja feststellen, dass die vermeintliche Rettung kaum besser und sicherer ist, als der Weg durch die urzeitliche Hölle außerhalb des Forts. Doch ihr Ziel hat oberste Priorität, und vielleicht findet sie hier doch Hilfe.
Ohne viel Federlesens gibt Autor Rick Remender („Black Science“, „Low“) sofort Vollgas. Eine Erklärung, was hier abgeht beziehungsweise wie es dazu kam, dass sich eine junge Frau in den Ruinen von Las Vegas gegen Urmenschen und sonstiges prähistorische Geschmeiß wehren muss, folgt erst später. Doch die Erklärung erweist sich lediglich als Pflichtteil, um ausreichend plausibel zu machen, wieso wir uns gerade auf einer prähistorischen Endzeiterde bewegen und warum sich eine junge Frau dieser Gefahr freiwillig aussetzt. Das Hauptaugenmerk von „Devolution“ liegt dagegen auf der teils absurden Action, die die Handlung dominiert und jedwede Art von Tiefgang gar nicht erst aufkommen lässt. Der Leser wird damit mehr überfahren als abgeholt.
Dass Raja mit der Ankunft in Nazi-Rednecks Lager vom Regen in die Traufe kommt, klingt theoretisch gar nicht so schlecht, scheitert aber daran, dass einem die Figur so schnuppe ist wie nur etwas. Dass die Figurenzeichnungen von Jonathan Wayshak mit der übertrieben dargestellten Mimik nicht selten an Karikaturen grenzen und dieselben müden Gags respektive wüsten Beschimpfungen und Kraftausdrücke ständig wiederholt werden, gestaltet das Ganze nicht überzeugender.
Lassen wir „Devollution“ jedoch als Hommage an die teils abstrusen SF-Fantasy-Action-Comics und die günstigeren (dreckigeren) Genre-Filme der 80er durchgehen, macht die Chose wieder hinreichend Spaß um zumindest oberflächlich zu unterhalten. Die mutierten Viecher und riesenhaften Pflanzen, mit denen es unsere ‚Helden‘ zu tun bekommen, wissen auf jeden Fall zu gefallen. Trotzdem muss man feststellen, dass es Rick Remender bei der Kopie einzelner Versatzstücke belässt, ohne dem Ganzen eine ironische oder reflektierende Ebene zu geben.
Das Hardcover im Comicformat (ein sogenanntes Splitter-Book) enthält alle fünf Ausgaben der Mini-Serie und ist in gewohnter Splitter-Qualität ausgestattet. Das bedeutet: sehr hochwertiges, schweres Papier und einen ganzen Strauß an Bonusmaterial wie Figurenentwürfe von Jonathan Wayshak, Seitenskizzen und einige Vergleiche von Skript und den gezeichneten Seiten. Enthalten sind außerdem die phantastischen Cover von Jae Lee („Batman/Superman“, „Inhumans“).
Das Spektakel kann insgesamt weder als besonders neuartig noch irgendwie clever, witzig oder gar zeichnerisch herausragend bezeichnet werden. Stattdessen hat man hier ein krude zusammengeschustertes SF-Endzeit-Monster-Terror-Splatter-Flickwerk vor sich, irgendwo zwischen „Mad Max“ und Tim Currans „Zerfleischt“.