H. G. Wells 4: Die Insel des Dr. Moreau (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 04. Februar 2022 08:57

H. G. Wells 4
Die Insel des Dr. Moreau
(L' Île du docteur Moreau, 2017)
Adaption: Dobbs
Titelbild und Zeichnungen: Fabrizio Fiorentino
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2017, Hardcover, 56 Seiten, 15,80 EUR
Rezension von Elmar Huber
Edward Prendick, der einzige Überlebende der im Südpazifik gesunkenen „Lady Vain“, gerät durch einen Zufall auf ein Schiff, das eine Ladung verschiedenster Tiere zu einer Insel bringt, die abseits aller Schifffahrtsrouten liegt. Obwohl der Besitzer des Eilands, ein Dr. Moreau, zunächst gegen die Aufnahme des Schiffbrüchigen auf der Insel ist, hat dieser in Moreaus Vorarbeiter Montgomery einen Fürsprecher, sodass er, nicht zuletzt auch wegen seiner Kenntnisse im Bereich der Biologie, mit Moreaus Einverständnis auf der Insel bleiben kann.
Die Tatsache, dass es ihm untersagt wurde, sich frei auf der Insel zu bewegen, weckt Prendicks Misstrauen, und grausame tierische Schmerzensschreie, die über die Insel schallen, lassen ihn zu dem Schluss kommen, dass Moreau die angelieferten Tiere als Versuchskaninchen für grausame Operationen verwendet. Im Dschungel der Insel stößt Prendick tatsächlich auf Tiere, die durch Vivisektionen in die Lage versetzt wurden, auf zwei Beinen zu gehen und sogar ihre Stimme in menschlicher Weise zu gebrauchen. Zusätzlich wurde den Tiermenschen mit Hilfe der Hypnose Moreaus „Gesetz“ eingetrichtert, das sie davon abhalten soll, in ihren tierischen Verhaltensweisen zurückzufallen. Doch der Widerstand in den Reihen der Tiermenschen regt sich, und sie nutzen eine sich bietende Gelegenheit, an ihrem Peiniger Rache zu nehmen.
Trotz aller Grausamkeit ist H. G. Wells‘ „Die Insel des Dr. Moreau“ ein komplexes und exakt austariertes Werk, das an vielen Stellen ‚fabel-haft‘ als Allegorie auf die menschliche Gesellschaft und gegen Ende sogar auf Religion und Gottesfürchtigkeit gelesen werden kann. Was die vorliegende Adaption angeht, muss man jedoch feststellen, dass die Platzbeschränkung auf 56 Comicseiten die kraftvolle Allegorie dieser Geschichte erheblich schwächt.
Wie schon in „Die Zeitmaschine“ hat man den Eindruck, dass Autor Dobbs unbedingt alle Schlüsselszenen des Romans hier unterbringen wollte, ohne dass diese zahlreichen starken Momente ausreichend Raum haben, ihre Wirkung zu entfalten. So stolpert der Leser gemeinsam mit der Hauptfigur Edward Prendick im Schweinsgalopp durch ein nur noch rudimentär vorhandenes Handlungsgerüst.
Der Zusammenhalt und die Dichte der Erzählung gehen verloren, die einschneidenden Bedeutungen einiger wichtiger Schlüsselmomente, wie zum Beispiel das Auffinden eines gerissenen Kaninchens oder das mutwillige Verabreichen von Alkohol an die Tiermenschen, werden komplett entkräftet. Erst gegen Ende, als Prendick widerwillig gezwungen ist, brutal durchzugreifen und die Tiermenschen glauben zu machen, dass der Geist des toten Moreau noch präsent ist, erhält die Erzählung andeutungsweise etwas mehr Tiefe.
Den Adaptionen von „Der Krieg der Welten“ und „Der Unsichtbare“ aus derselben Reihe hat man jeweils zwei Bände spendiert; das wäre hier ebenfalls das Mindeste gewesen, was die Geschichte benötigt, sich gebührend zu entfalten.
Als Zeichner fungiert diesmal Fabrizio Fiorentino, der für Crossgen „Mystic“ gezeichnet hat und derzeit überwiegend für den Branchenriesen DC tätig ist. Die Zeichnungen lassen keine Wünsche offen. Ausnehmend gut gefällt auch die stimmungsvolle Kolorierung, die den Abenteuer-Aspekt und die Exotik der Geschichte sehr gut unterstreicht.
Durch die Platzbeschränkung büßt die Comicadaption dieser außerordentlich vielschichtigen Geschichte einen erheblichen Anteil ihrer Wirkung ein.