Dennis Ehrhardt: Sinclair - Dead Zone & Sinclair - Underworld (Buch)

Dennis Ehrhardt
Sinclair - Dead Zone
Tor, 2019, Paperback, 464 Seiten, 12,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

 

Dennis Ehrhardt
Sinclair - Underworld
Tor, 2021, Paperback, 528 Seiten, 12,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Matthias Hesse

Ganze zweieinhalb Jahre hat Tor mich warten lassen. Ich hatte zwischenzeitlich sogar gebangt, daß es nichts mehr wird mit einer Fortsetzung von „Sinclair - Dark Zone“, der Neuschreibung des Romanheftklassikers von Jason Dark. Zunächst als Hörspiel kozipiert, hatte „Sinclair - Dark Zone“ mich durch seine harte und direkte Sprache, seine knappen Film-noir-Dialoge und seine Shortcut-artigen Szenen ad hoc in Beschlag genommen. Auch als Roman macht sich die Story gut.

 

Newham, nicht wirklich die netteste Ecke Londons. Drogen und Bandenkriminalität, Korruption und Gewalt prägen das Milieu, und Detektive Sinclair ist ein Cop unter vielen; desillusioniert, zynisch und müde. Gleich zu Beginn kommt er bei einer Explosion in den Docks ums Leben, und taucht auch im ganzen ersten Band nicht mehr auf.

Statt seiner ermittelt nun Detektive Shao, in der Originalserie Sukos Frau, hier ein junges Raubein, im Fall um einen merkwürdigen Granitblock und zerstückelte Leichen in der Kanalisation. Eine neuartige Designer-Droge namens Harmony scheint ebenfalls mit all den Ereignissen zusammenzuhängen, die irgendwie erstmal so gar nicht wie Horror, sondern wie Hardboiled-Krimikost anmutet - und das ist sehr gut gemacht, vor allem aber das altbekannte Pferd von einer wirklich neuen Seite aufgezogen: Die Stadt, das versiffte London von heute, ist nicht nur Kulisse, sondern spielt eine Hauptrolle.


Recherchiert man ein wenig in den einschlägigen Foren, wird bald klar, dass die Konzeption nicht nur Freunde hat. Vielen Fans der Originalserie stoßen zahlreiche Veränderungen sauer auf. Keine strahlenden Helden, sondern gebrochene Charaktere. Reporter Bill Conolly ein drittklassiger Vlogger, Glendas Kaffee ist ungenießbar, Zuko hat nen Nachnamen, und als die Titelfigur - im zwoten Band ist John wieder lebendig und hat keine Ahnung, was ihm widerfahren ist - sich mit einer blonden Perücke tarnen soll, fühlt er sich gar lächerlich. Jede Menge Ironie also, die nicht jeder Fan als liebevolle Hommage begreifen mag.

Immerhin führt Band 2 einige Handlungsfäden zusammen und schafft etwas Handlungsklarheit, denn für einen Neustart waren doch zunächst reichlich Fragen offen geblieben. Auch das Übernatürliche gewinnt deutlich an Raum, es werden Bezüge in die Vergangenheit, in Mystik und verborgene Realitäten angedeutet. Es bleibt aber angenehm bodenständig, und nicht zuletzt das beinahe hundert Seiten lange, doch in keiner Zeile zähe Shootout gegen Ende des Buches zeigt, dass actionreicher Grusel auch ohne hämisch lachende Dämonen und ähnlichen 70er-Trash fesseln kann.

Überhaupt, was Dennis Erhardt (in Zusammenbart mit Sebastian Breidbach) hier handwerklich vorlegt, ist vor allem eines nicht: Trash. Doch als Einzelromane (beziehungsweise Staffeln, wie es in der Hörspielvorlage heißt) funktionieren die Bücher kaum. In Erzählhaltung und Komplexität erinnert „Sinclair” eher an Serien wie „Gabriel Burns” oder „True Detective”, als an die ehrwürdige, aber auch eher schlichte Romanheftserie.

Wie es nun weitergeht, wird sich zeigen. Im Nachwort von Band 2 verbreitet der Autor jedenfalls nicht allzuviel Hoffnung, dass es schnell ginge mit einer Fortsetzung. Zwischen beiden Büchern und ihren dazugehörigen Hörspielen lagen zumindest mehr als zwei Jahre, auf einen ähnlichen Zeitraum kann man sich als Leser wohl auch jetzt einstellen.

Wenn ich mir was wünschen dürfte, bliebe der Horror in „Sinclair” auch weiterhin so schwer fassbar und rätselhaft. Dass John Sinclair sich am Ende von „Sinclair - Underworld“ sich dann doch als so eine Art Auserwählter herausstellt, kratzt schon leicht an der Grenze zum Kitsch. Bitte, liebes Autoren-Team, behaltet den eingeschlagenen Kurs bei und reaktiviert nicht so lächerliche Gegner wie Dr. Tod, Asmodina, oder die Horror-Reiter. Sinclair als Sohn des Lichts - das kann gerne in der Romanheftserie verbleiben. Der abgefuckte Sinclair und Shao, seine Partnerin mit den äußerst schlechten Manieren, sind deutlich zeitgemäßer.