Vera Seda: Befohlene Lust (Buch)

Vera Seda
Befohlene Lust
Blue Panther Books, 2021, Taschenbuch, 198 Seiten, 12,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Der Band „Befohlene Lust“ von Vera Seda, die ihre erotischen Romane und (Short-) Storys auch ganz gern mit anderen Genres wie SF, History und Western kombiniert, offeriert hier zwei längere Erzählungen und über den beigefügten Code einen kostenlosen Internet-Download von „Sei meine Sklavin!“. Die Titel nehmen vorweg, dass es vor allem um Dominanz/Unterwerfung geht, um Abrichtung, Lust schenken und genießen, aber auch um Verantwortung. Die Triebfeder ist an erster Stelle Begehren, etwas besitzen zu dürfen, das einem nicht gehört, ferner Liebe, die viel erduldet und verzeiht.

 

„Die Sklavin des Hausherrn“:
Schon lange hat Marc ein Auge auf Kevins attraktive Freundin Susan geworfen. Dass dieser hoch verschuldet ist, kommt ihm daher sehr gelegen. Frei nach dem Film „Ein unmoralisches Angebot“ (1993, mit unter anderem Robert Redford, Demi Moore) präsentiert er eine Lösung, die Kevin nicht ablehnen kann. Falls Susan bereit ist, sich unter den Mitgliedern eines exklusiven Herren-Clubs versteigern zu lassen, sollen nicht bloß die Schulden getilgt werden, sondern beiden ein beträchtlicher Anteil der Einnahmen zukommen.
Aus Liebe zu Kevin stimmt Susan der, wie sie glaubt, einmaligen Angelegenheit zu und lässt sich mit ihrem Freund zu einem abgelegenen Anwesen bringen. Um für die Ahnungslose das Prozedere erträglicher zu gestalten, setzt Marc sie unter Drogen, die ihre Libido steigern. Infolgedessen erträgt sie alles, was die Männer verlangen, die sie für einen hohen Betrag besitzen dürfen, und genießt selbst die Spiele.
Während Marc und Sam, die beide großes Interesse, wenn nicht gar Gefühle für sie entwickeln, darauf achten, dass Susan nichts zustößt, sucht Kevin schon bald sein eigenes Vergnügen und denkt nur noch an das viele Geld, das ihm bald gehören wird, und wie viel er überdies bekommen kann, wenn er seine Freundin selber anderen Männern anbietet.

„Die Bürosklavin“:
Die unscheinbare Büroangestellte Dora wird in der Firma am Tag der Weihnachtsfeier, nachdem sie die fehlerhaften Unterlagen für ein wichtiges Projekt korrigiert hat, von ihrem angetrunkenen Chef vergewaltigt. Als ihm bewusst wird, was er ihr angetan hat - sie war sogar noch Jungfrau -, ist er tief bestürzt. Als Entschuldigung kann er nur vorbringen, dass er sie aufgrund ihrer natürlichen Schönheit, Bescheidenheit und Intelligenz schon lange begehrt hat und sich nicht mehr zurückhalten konnte. Falls sie ihn anzeigen will, wird er seine Schuld zugeben und jede Strafe annehmen.
Zu Wills Überraschung verzeiht ihm Dora und gesteht, dass sie schon lange in ihn verliebt ist und davon geträumt hat, mit ihm zusammen zu sein, obwohl sie nie erwartet hätte, dass er sie überhaupt bemerkt. Da er nach wie vor von ihr fasziniert ist und sich in der Pflicht fühlt, beschützt er Dora vor dem Firmenklatsch und einem rachsüchtigen Kollegen, der bei ihr nicht landen konnte und darum jenes Projekt sabotiert hatte. Darüberhinaus setzt Will seine Affäre mit ihr fort, und Dora lernt schnell, was es bedeutet, sich einem dominanten Herrn zu unterwerfen.


Sowohl Susan als auch Dora werden unverhofft aus ihrem geordneten, eigentlich schon langweiligen Leben gerissen durch dominante Männer wie Marc und Will, die sich in Positionen befinden, Verbindungen haben und so viel Geld besitzen, dass sie sich nahezu alles erlauben können, was sie skrupellos zu ihrem Vorteil nutzen. Infolgedessen erscheinen sie nicht wirklich sympathisch.

Der Hintergrund der Frauen ist differenzierter angelegt:
Susan möchte zunächst nur Kevin helfen, findet dann jedoch Gefallen an BDSM, Gangbang, Anal und so weiter. Sie mag nicht jeden der Männer, die sie benutzen, oder die Art ihres Vorgehens, doch die Drogen machen die lange Nacht erträglich und sie dauergeil. Als sie erkennt, dass Kevin sie nach ihrem Opfer wie eine Prostituierte verkaufen will, fällt es ihr leicht, ihn zu verlassen, nicht ahnend, dass dies Marcs Plänen, sie Kevin wegzunehmen, entgegenkommt und das Arrangement mit ihm, das sie reich machen soll, nicht so einfach zu beenden sein wird, wie sie glaubt. Wann sie das im Laufe ihrer Abrichtung begreift und ob sie sich in dieses Leben für eine längere Zeit einfinden kann, bleibt der Fantasie des Lesers überlassen.

Im Vergleich wirkt die unerfahrene, verliebte Dora sehr naiv. Sie weiß überhaupt nicht, worauf sie sich einlässt, als sie einwilligt, Wills Gespielin zu werden, aber auch sie entpuppt sich als gelehrig, hart im Nehmen und vor allem formbar, sodass sie alle Wünsche erfüllt, die an sie herangetragen werden. Zunächst hat man den Eindruck, dass Will sich ihrer nur annimmt, weil er die Vergewaltigung wiedergutmachen möchte, doch auch von seiner Seite sind Gefühle im Spiel, die er hinter seinem Dominanzgehabe verbirgt. Man merkt es vor allem an seiner ehrlichen Sorge um Doras Wohlergehen und an dem trotz allem behutsamen Gewöhnen an immer härtere Praktiken.

In der Summe sind beide Geschichten sehr deftig. Susan und Dora lassen Dinge über sich ergehen, die gewiss nicht jede ausprobieren mag, und ein Happy End scheint bloß in einem Fall gegeben. Vera Seda schreibt routiniert und unterhaltsam, offeriert eine richtige Handlung mit interessanten Charakteren, doch wird Sex groß und Romantik klein geschrieben. Man sollte vor dem Kauf wissen, worauf man sich einlässt, denn der Plot dient letztendlich nur als verknüpfendes Gerüst für viele Sex-Szenen, die kaum etwas auslassen.