Petra Grill: Ein Hauch von Amerika (Buch)

Petra Grill
Ein Hauch von Amerika
Heyne, 2021, Paperback, 510 Seiten, 13,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Im Dezember 2021 lief eine Serie im Ersten, die die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg beleuchtet. Wie erlebten die Bewohner eines fiktiven kleinen Dorfes, die Errichtung einer amerikanischen Militärbasis in ihrer Nähe und welchen Einfluss  die dort stationierten GIs auf die Menschen hatten, vor allem die jungen Frauen. Während die Serie die Geschichte vor allem aus der Sicht von Maria und Erika, zwei jungen Frauen erzählt, nimmt Petra Grill in ihrem Roman eine andere Sichtweise ein, nämlich die der Frau des Stationskommandanten, Amy McCoy.

 

Dieser ist nicht ganz wohl, mit ihrem Mann Jim McCoy in die pfälzische Provinz ziehen zu müssen, und sie will die Deutschen eigentlich gar nicht an sich herankommen lassen. Das hat einen guten Grund, ist sie doch selbst als Amelie Werner in Berlin geboren und schon 1933 mit ihrer Familie erst nach Paris, dann in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Und nun muss sie sich all dem stellen, was sie eigentlich hinter sich zu lassen gehofft hatte und spielt die unwissende Amerikanerin. Bis Marie in ihr Leben tritt, ein Bauernmädchen, das seine Zukunft noch vor sich hat und neben Träumen auch ein großes Talent besitzt, das Amy aus ihrer Reserve lockt und sie zur Mentorin und Freundin werden lässt.


Der Leser bekommt im Grunde also nicht eine Nacherzählung der Handlung präsentiert, sondern eigentlich einen Roman aus einer ganz neuen, aber nicht minder spannenden Sicht, die sich nahtlos in die Handlung der Serie einfügt.

In Rückblenden erfährt man zudem, welche Lebensgeschichte Amy schon hinter sich hat, was dem Charakter viel mehr Tiefe gibt. Das Schöne daran ist, dass die Autorin einen weiteren Aspekt bedenkt - den der Emigranten aus politischer Einstellung, die versuchen ihren Weg zu gehen und immer wieder merken müssen, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Zwar haben sie in den Staaten viele Freiheiten, das zu tun, was sie möchten, aber auch sie erleben die dunklen Seiten mit - erst das Misstrauen gegenüber den Deutschen an sich und später die McCarthy-Ära.

Amelie alias Amy versucht zwar immer wieder ihre Träume zu verwirklichen, aber sie muss auch viele Abstriche machen. Und letztendlich scheint sie zu resignieren, zumal ihr Mann nach dem Krieg auch Probleme mit sich bringt.

Sie erlebt das Deutschland der Nachkriegsjahre aus einem ganz anderen, aber nicht minder interessanten Blickwinkel und bekommt Chancen, im Hintergrund zu helfen. So gesehen wird sie zur stillen Kraft im Hintergrund der Filmhandlung; dabei werden aber viele Themen angesprochen, die in der Serie eher kurz abgehandelt oder nur oberflächlich gestreift werden.

Das Ganze wird flott und unterhaltsam erzählt. Es gibt keine Längen, gerade die Rückblenden fügen der Handlung interessante Facetten hinzu, die den Roman über die Serie hinaus heben und ihn das Geschehen im Film ergänzen lassen. Allerdings sollte man sich nicht all u viele Geheimnisse erhoffen, die die zentralen Figuren der Serie betreffen. Ähnlich wie das Ende ist das natürlich zum größten Teil vorgegeben und erlaubt vielleicht Fortsetzungen.

Alles in allem kann „Ein Hauch von Amerika“ gerade durch die Tatsache punkten, dass die Geschichte aus der Sicht eines Nebencharakters erzählt wird, der selbst einen sehr interessanten Hintergrund hat und so der Serienhandlung mehr Tiefe gibt, da man auch noch Einiges an anderen Aspekten, die Deutsche und Amerikaner betreffen, erfährt.