Simon vom Fluss - Gesamtausgabe 1 (Comic)

Claude Auclair
Simon vom Fluss - Gesamtausgabe 1
Übersetzung: Jano Rohleder
Cross Cult, 2021, Hardcover, 186 Seiten, 35,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Die 70er Jahre sind wohl die Phase, in der die Science Fiction in Film und Fernsehen eher eine dystopische Zukunft der Erde zeichnete. Die moderne Zivilisation liegt in Ruinen, die Überlebenden kämpfen so oder so um ihre Zukunft. Ein solches Szenario fängt auch der damals gerade erst als Comic-Zeichner aktiv gewordene Claude Auclair mit seiner Geschichte ein.

 

Simon scheint ein Mann ohne Vergangenheit und Familie zu sein. Er ist ein Wanderer und erklärt gerade einmal, vom Großen Fluss zu stammen. Trotzdem trauen ihm immer wieder Menschen, denn er hilft ihnen und setzt auch sein Leben ein, um ihres zu retten.

Das zeigt sich auch, als er einen Greis begleitet, der auf der Suche nach seinem Sohn ist, als er sich einer friedlichen Gruppe von Bauern anschließt, die sich allerdings nicht länger ausrauben lassen wollen und schließlich die Spur von Sklaven findet, die auf grausame Weise ausgenutzt werden.


Erstmals erscheint die Serie mit allen Geschichten und auch einem ausführlichen Dossier von Patrick Gaumer, der den Künstler und die Serie genauer vorstellt. „Simon vom Fluss“ (früher bekannt als „Simon, Zeuge der Zukunft“) bietet eine interessante postapokalyptische Welt, in der noch einige wenige hochtechnisierte Enklaven existieren, während andere Menschen als Bauern, Siedler und Nomaden zu überleben versuchen. Immerhin gibt es auch noch fruchtbare Gebiete, die Figuren bewegen sich nicht durch atomare Wüsten wie sonst.

Das Ganze erinnert nicht ganz grundlos an den Wilden Westen, denn auch hier haben wir die friedlichen Gemeinschaften, in denen das gemeinsame Überleben im Vordergrund steht, auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch diejenigen, die sich zu Herren über alle anderen aufschwingen und diese unterdrücken und ausbeuten wollen.

Simon ist und bleibt ein unbekannter Faktor. Nach und nach kommen einige wenige Details ans Licht, die vermutlich auf kommende Bände neugierig machen, ansonsten bleibt er ein eher geheimnisvoller Charakter, der aber alle Voraussetzungen für einen Helden an den Tag legt.

Wo genau die Handlunge spielt, lässt Auclair offen; es kann auch hier in Europa sein, muss nicht einmal Amerika sein, wo sonst immer die Dystopien verortet sind.

Die Geschichten sind spannend aufbereitet, der Held und seine Freunde müssen sich mit Feinden herumschlagen, die keine Skrupel kennen und teilweise auch schwere persönliche Verluste hinnehmen, selbst Simon. Aber das scheint auch einer der Antriebe zu sein, sich weiterzuentwickeln; wirkt er doch gerade im ersten Band noch gleichgültig und distanziert, lässt er sich später immer mehr vom Schicksal anderer mitreißen.

Die Zukunft ist interessant gestaltet, hat viel von den Italo-Western derselben Zeit und spiegelt eine nicht ganz so düstere Zukunft nach dem Atomkrieg wider. Dennoch gibt es viele Andeutungen, die neugierig auf Mehr machen, scheint es doch unter der friedlichen Oberfläche überall zu gären und immer noch hochtechnisierte Leute an Strippen zu ziehen.

Die Figuren heben sich auch angenehm von den bekannten Archetypen ab, sind vielschichtiger als man es erwartet, vor allem wenn sie öfter auftreten.

„Simon vom Fluss“ ist einer der vergessenen dystopischen Klassiker, der nun in der Gesamtausgabe mehr bietet als nur den Nachdruck alter Alben. Tatsächlich gibt es gerade in diesem Band auch sehr viel neues Material und interessante Einblicke in die Saga, die man vorher noch nicht kannte.

Die Spannung ist hoch und auch die Figuren entwickeln sich weiter – etwas, was die mangelnde Action durchaus wett macht. Denn die Kämpfe in der Geschichte werden oft anders ausgefochten, als man denkt.