Tanya Huff: Die Klügere gibt nach - Die Abenteuer von Torin Kerr 2 (Buch)

Tanya Huff
Die Klügere gibt nach
Die Abenteuer von Torin Kerr 2
(The Better Part of Valor, 2002)
Übersetzung: Oliver Hoffmann
Plan9, 2021, Taschenbuch, 468 Seiten, 15,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Staff Sergeants sind der Rückhalt einer jeden Truppe. Sie, und sie allein, halten die Moral aufrecht, rücken jungen, unerfahrenen und aufgeblasenen Vorgesetzten den Kopf zurecht und verbreiten Zuversicht. Eine Truppe ohne Zuversicht, das ist eine Mannschaft, die jedes Gefecht verlieren wird.

Torin Kerr ist Staff Sergeant bei den Marines. Seit die Menschen zusammen mit einigen anderen nicht so wirklich hochentwickelten Rassen für die Föderation im Kampf gegen die Käfer die Kastanien aus dem Feuer holen – sprich: ihre Haut zu Markte tragen -, sind diese Rassen in der interstellaren Gemeinschaft plötzlich willkommen.

Dies heißt aber gleichzeitig, dass man nun auf politische Begehrlichkeiten Rücksicht nehmen muss.

Torin hat einen Fehler begangen. Nein, ich meine nicht die Leichensäcke, die sie nach ihrem letzten Einsatz mit nach Hause gebracht hat, sondern dass sie ihrem befehlenden Zwei-Sterne-General die Wahrheit gesagt und ihm ein Veilchen verpasst hat.

So etwas bleibt gerade einem hochrangigen Offizier im Gedächtnis - und nun überlegen Sie einmal genau, wen eben jener General für eine Mission auswählt, die dem Wort kompliziert eine neue Bedeutung verpasst?

Richtig, Torin und eine aus den unterschiedlichsten Abteilungen handverlesene Truppe sollen ein just entdecktes, gelbes Raumschiff einer unbekannten Rasse erforschen. Angeführt von einem - wie kann es anders sein - unfähigem Vorgesetzten, der hier als Held glänzen muss (erwähnte ich schon das dreckige Spiel der Politik?) und begleitet von einem Kamerateam betreten die Marines und ein Forscherteam das scheinbar verlassene Schiff. Als ihr Shuttle gesprengt, die Wissenschaftler dezimiert und man von den ebenfalls an Bord befindlichen Käfern gejagt wird, weiß Torin, dass sie einmal wieder ganz tief in der Scheiße steckt.


Tanya Huff gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Phantastik-Autoren Kanadas. Mit ihrer 5teiligen Serie um Torin Kerr, der sie noch eine weitere Trilogie hat folgen lassen, hat sie die Military SF um ein Unikum bereichert.

Staff Sergeant Kerr ist ein Mensch, wie man ihn jederzeit gerne neben sich wünschen würde. Kompetent, aufopfernd, vorausschauend, mutig und integer - genau das, was es gemeinhin in der Realität kaum einmal gibt. Umso schneller wächst Torin der dem Leser ans Herz, bewundert man ihre Einstellung, ihren Optimismus und ihre Opferbereitschaft. Der typische Underdog, der sich gegen die da oben durchsetzt - oft gelesen, selten aber so packend, fesselnd und rasant zu erleben wie in diesem Zyklus.

Dabei nutzt Huff die Bühne - ein organisches Alienschiff - weidlich. Zunächst gilt es, nachdem ein Teil der Expeditionsteilnehmer wie auch das Shuttle einer Explosion zum Opfer fielen, sich einen Weg durch das fremde Schiff zur nächsten Schleuse zu suchen. Hierbei beleuchtet die Autorin sowohl die gruppendynamischen Prozesse, als auch die faszinierende Kulisse eines Alienschiffs, das jede Menge unliebsamer Überraschungen bereithält. Später kommen dann noch die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Käfern als weiteres Action-Element hinzu. Dies alles mit unfähigen Vorgesetzten und einer Truppe Marines, die noch nicht wirklich aufeinander eingespielt sind. Hier ist Führungskraft, Einfühlungsvermögen und Durchsetzungskraft gefragt - eben genau das, was unsere Protagonistin im Übermaß besitzt. Dass sie nebenbei ihre Leute auch ganz gut in den Arsch treten kann - Motivation nennt man so etwas -, dass sie mit gutem Beispiel vorangeht, weckt Bewunderung.

So ist dies ein rundum gelungener Roman. Action, jede Menge Verwicklungen, Rätsel und eine toughe Frau, die sich nicht nur durchsetzt sondern immer mit leuchtendem Beispiel vorangeht, prägen den Plot. Dabei kommen anders als bei den späteren Romanen um Honor Harrington von David Weber oder Kris Longknife von Mike Shepherd keine Längen auf, konzentriert sich Huff auf ihre Geschichte. Hoffentlich legt der Verlag schnellstmöglich die nächsten Teile der Saga vor - ich bin ja so etwas von angefixt.