Something is killing the Children 1 bis 3 (Comic)

Something is killing the Children 1 bis 3
(Something is killing the Children 1 bis 15, 2019-2021)
Text: James Tynion IV
Zeichnungen: Werther Dell'edera
Übersetzung: Katrin Aust
Splitter, 2020/2021, Hardcover, je 144 Seiten, je 19,80 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Im September 2019, nur wenige Monate vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie, erschien in USA das erste Heft von „Something is killing the Children“, einer Comicserie um die Monsterjägerin Erica Slaughter. Deren charakteristisches Halstuch mit dem Bestiengebiss avancierte folgerichtig zum coronakonformen Merchandise-Artikel, und auch sonst ist „Something is killing the Children“,eine kometenhafte Erfolgsgeschichte: Beim Eisner Award als Beste neue Serie blieb es zwar bei einer Nominierung, doch aufgrund des immensen Publikumserfolges sind jetzt, zwei Jahre nach dem Serienstart, sowohl ein Spin-off als auch eine Netflix-Verfilmung in der Mache, letztere ist angekündigt für Ende 2022. 

Die Sammelbände zu je fünf Ausgaben erscheinen in deutscher Übersetzung bei Splitter als gewohnt wertige Hardcover. Als Import sind diese zwar nur als Paperback, dafür aber etwas günstiger und aktueller zu haben: Nummer 3 kommt hierzulande erst ab November auf dem Markt.

Diese Bände bringen einen ersten Zyklus zu einem runden Ende, nämlich die Ereignisse in der Kleinstadt Archer's Peak.


Kinder und Jugendliche verschwinden in den Wäldern am Rand der Stadt, und findet man ihre Leichen, sind diese auf das Grausamste zugerichtet. Wir erfahren schnell, dass ein riesiges Monster und sein Gelege die Ursache hierfür sind.

Erwachsene können das Biest in den Wäldern nicht sehen, doch tragen letztlich sie die Schuld. Denn generiert werden die spinnenähnlichen Kinderfresser aus der Angst der Erwachsenen. Wie genau das passiert und welche Ängste das im Einzelnen sind, wird nicht auserzählt, bleibt Andeutung. Im graugesichtigen Sarkasmus der alleinerziehenden Mutter etwa oder in der Unbeholfenheit des Direktors bei der Leichenschau in der Highschool von Archer's Peak.

Monsterjägerin Erica und ein übler Geist, der sie in Gestalt einer gehäkelten Krake begleitet, kommen in den Ort. Sie ist das talentierte Problemkind eines Ordens, der die Monsterplage bereits seit Jahrhunderten in Schach hält. Sie ist taff, ziemlich ironiefrei, einzelgängerisch, egoman und wortkarg. So etwas wie ein maulfauler Pedant zu Buffy, und ein veritables Rolemodel für missverstandene Teenager.

 

So gibt Boom! Studios das empfohlene Lesealter auch mit 13+ an. Die Handlung setzt zwar eher auf Atmosphäre und Dialog, als auf treibendes Plotting, hat aber dennoch genug inneren Zug, um die jugendliche Altersgruppe bei der Stange zu halten.

Im Feuilleton heben Kritiker der Serie die klischeefreie Figurenzeichnung hervor. Ich frage mich ernsthaft, warum. Weil ein PoC-Schuldirektor öffentlich Zweifel eingesteht und ein gemobbter Schüler homosexuell ist? Wenn das schon reicht, um progressiv zu sein... Bei Licht besehen arbeitet die Story (James Tynion IV) mit ziemlich abgegriffenen Versatzstücken. Wenn nicht - ja wenn „Something is killing the Children“, nicht so wahnsinnig aufregend gezeichnet wäre! Mit manchmal beinahe hingerotzt wirkenden Skizzen erzeugt Werther Dell‘edera eine atmosphärische Tiefe, die wirklich aufregend ist. Die Darstellung der Monster ist so kompromisslos abstoßend, dass sich ihr Schöpfer nur mit groben Strichen, fast wie mit den fettigschwarzen Wachsmalern aus der Kindergartenzeit, an ihre Darstellung traut. Als hätte er reale Angst, seinen Kreaturen durch Detailreichtum oder perspektivischen Finessen mehr Leben einzuhauchen, als ihnen zustünde. Kolorist Miguel Muerto pimpt die teils sehr brutalen Szenen mit einem stechenden Rot. Das Blut, das hier geblutet wird, fügt sich in keine Gesamtästhetik: Was hier passiert, ist nicht normal.

Ob die Verfilmung dieser Brutalität am Ende gerecht wird oder entschärft auf ein Young-Adult-Publikum setzt, bleibt abzuwarten. Die Hauptfigur und andere Charaktere, die in den ersten 15 Episoden noch im Hintergrund bleiben, bieten aber genügend Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft.