Markus Heitz: Die Rückkehr der Zwerge 1 (Buch)

Markus Heitz
Die Rückkehr der Zwerge 1
Titelbild: Elm Haßfurth
Knaur, 2021, Paperback, 480 Seiten, 15,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Hundert Zyklen sind im Geborgenen Land vergangen. Die Zwerge leben, nachdem sie ihre Heimat, die tiefen Stollen inmitten des majestätischen Gebirges zwangsweise verlassen mussten, in der Stadt Malleniaswacht. Alle paar Monate ziehen Traditionalisten und Schatzsucher in Richtung des Flusses, spülen die Schneeschmelze oder massive Regenfälle doch Zeugnisse vergangenes Zwergenkunst aus der alten Heimat an die Ufer des Flusses.

Dass es dabei immer wieder einmal zu Zusammenstößen mit Menschen kommt, daran ist Zwerg gewohnt. Dann aber greifen Orks an, Wesen, die nach wie vor in den zerstörten Hallen, den beschädigten Tunnel- und Stollensystemen und den Befestigungen des Gebirges leben. Ist ein Leben im Gebirge etwa doch noch möglich?

Einer derer, die die Vergangenheit hochhalten, die auf der Suche nach Überbleibseln einstiger Größe und Kunstfertigkeit sind, ist der Zwerg und Gemmenschnitzer Goïmron. Er verehrt insbesondere den seit Jahrhunderten verschollenen Tungdil Goldhand. Als er eines Tages auf eine alte Kladde stößt, ahnt er noch nicht, dass sein Leben… nun interessant werden wird.

Das Buch, das handschriftlich auf Zwergisch verfasst wurde, stammt von keinem anderen, als seinem Idol. Mehr noch, die Eintragungen beweisen, dass Tungdil offensichtlich vor kurzer Zeit noch unter den Lebenden geweilt haben muss.

Das verheerende Beben in dem Grauen Gebirge hat alle sich dort aufhaltende Zwerge getötet - so zumindest die Überzeugung all derer, denen die Flucht damals gelungen ist. War diese Annahme ein Trugschluss, kann es sein, dass Tungil tatsächlich noch lebt, vielleicht gar gefangengehalten wird?

Goïmron begibt sich auf eine Queste: Er will nach seinem Idol suchen - und begegnet weit mehr, als er in seinen kühnsten Träumen und seinen schlimmsten Alpträumen je erwartet hat… stößt er doch auf finstere Orks, Albae und Drachen.


Wie heißt es so schön treffend im Englischen: Lightning seldom strikes twice at the same point - soll heißen, wirklich überzeugende Fortsetzungen erfolgreicher Romane und Serien gibt es doch eher selten.

Markus Heitz hat vor fast zwanzig Jahren den Boom um die so genannten Völker-Romane mit seinem ersten Band um die Kleinen, wie er seine Zwerge liebevoll zu nennen pflegt, mit angestoßen. Und er hat diesem ersten Teil vier weitere Romane um die Zwerge folgen lassen (auf die locker damit verbundenen Albae-Titel darf verwiesen werden).

Die Handlung um die Kleinen war also abgeschlossen, aber immer wieder wurde Heitz auf Cons und bei Lesungen gefragt, ob er nicht eine Fortsetzung schreiben könne - er lehnte ab, teilte mit, dass die Geschichte in sich rund erzählt sei, er sich neuen Ufern, neuen Protagonisten zuwenden wolle. Und dies hat er auch sehr erfolgreich getan.

Dennoch erscheint nun ein Zweiteiler - oder doch mehr ein umfangreicher Roman, der für die Publikation in zwei Bücher gesplittet wurde.

Geschickt erzählt uns der Autor eine neue Geschichte. Er hat ganze hundert Zyklen im Geborgenen Land vergehen lassen, hat neue Protagonisten gesucht und gefunden - ja, es gibt ein paar altbekannte Figuren, die ihren Wiederauftritt feiern - neue Lebensumstände der Kleinen porträtiert. Es ist also nicht schlicht die altbekannte Story in neuem Gewand, die die Leserin und den Leser hier erwartet, auch die Zwerge haben sich entwickelt. Der Verlust ihrer Stollen und wunderbar gestalteten Hallen hat sie verändert, das Leben unter freiem Himmel - einst schwer vorstellbar -, und noch dazu zusammen mit anderen Rassen, hat ihr Weltbild beeinflusst.

Natürlich gibt es noch Stollensysteme, kommt es zu Kämpfen mit Orks etc., doch der Schwerpunkt ist vorliegend ein wenig anders gesetzt.

So ist dies ein Roman, der uns die Zwerge ein wenig differenzierter präsentiert, als wir diese bislang aus den Heintz‘schen Romanen kennen. Ein Buch, das zwar die Zügel wieder aufnimmt, aber keine platte und damit letztlich uninteressante Pastiche der ersten Zwergen-Titel offeriert, sondern eine neue Geschichte erzählt. Hier unterhält uns Heintz routiniert, spannend und abwechslungsreich.