Robin Hobb: Wächter der Drachen (Buch)

Robin Hobb
Wächter der Drachen
Die Regenwildfluss-Chroniken 1
(Dragon Keeper - Rain Wilds Chronicles 1, 2010)
Übersetzung: Simon Weinert
Penhaligon, 2021, Paperback, 606 Seiten, 16,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Es gab einmal eine Zeit, da erhob eine neue Autorin ihre Stimme. Robin Hobb, so ihr Pseudonym unter dem sie uns ihre ganz eigenen Fantasy-Epen offerierte und mit diesen Leser weltweit in ihren Bann zog. Seien es die Geschichten - Tragödien bin ich geneigt zu sagen - um Fitz, den Weitseher, Attentäter und Magier im Dienst seines Königs, oder die Händler von Bingtown (von Penhaligon als eBooks unter „Seelenschiff-Händler“ neuaufgelegt), die auf ihren lebenden Schiffen die Meere und den Regenwildfluss befahren; die Zyklen verkauften sich, egal bei welchem deutschen Verlag sie erschienen, wie die sprichwörtlich warmen Semmeln.

Nach einem kommerziell nicht ganz so erfolgreichen Ausflug nach Navare bei der Hobbit Presse und Heyne kehrt sie mit vorliegendem Buch auf die gemeinsame Welt von Fitz und den Bingtown-Händlern zurück.

 

Mittlerweile haben die Menschen aus Bingtown und die letzte überlebende Drachenkönigin ein Abkommen geschlossen. Tintaglia schützt die Flussmündung des säurehaltigen Flusses vor chalcedanischen Schiffen, dafür beschützen die Menschen die Seeschlangen, die sich verpuppen und zu Jungdrachen reifen sollen.

Der Plan aber weist eine Schwachstelle auf. Von den über einhundert Schlangen, die den Regenwildfluss hinaufschwimmen und sich verpuppen, überleben nicht mehr als dreißig Jungtiere. Mehr noch, viele der jungen Drachen sind verkrüppelt und missgestaltet.

Rettung und Refugium zugleich könnte die legendäre Drachenstadt Kelsingra bieten, doch zunächst müssen die Drachen diese suchen und dorthin gelangen.

Unterstützt von der jungen Kaufmannsgattin Alise Finbok, der Waldläuferin Thymara und dem Kapitän Leftrin machen sie sich, allen Widerständen zum Trotz, auf den Weg.


Wie ich zu Beginn schon näher ausgeführt habe, ist Megan Lindholm, wie Robin Hobb eigentlich heißt, eine versierte Autorin. Umso verwunderter rieb ich mir die Augen, als ich mit dem vorliegenden Buch begann. Wo blieb der Charme, mit dem die Autorin ihre Figuren früher zu zeichnen pflegte, wo die Faszination eines Protagonisten, mit dem man mitfiebern kann, wo eine stringente Handlung?

Nun, auch Navare und Fitz hatte ihre Längen, und es wird wirklich besser, hat man gut das erste Drittel des Romans hinter sich gebracht.

Der Plot nimmt mit der Entsendung der Drachenhüter Fahrt auf, auch wenn der bislang Hobb unkundige Leser so seine Schwierigkeiten haben wird, der Handlung zu folgen. Oft wird Bezug genommen auf das, was in den „Seelenschiff-Händler“-Bänden erzählt wurde, wird auf Kulturen und Völker eingegangen, die man aus den vorherigen Titeln kennt - kennen sollte, da sie kaum nochmals vorgestellt werden.

Das Ganze wirkt wie ein sehr behäbiger Auftakt zu einem großen Epos, der offene Schluss lässt den Leser letztlich ein wenig unbefriedigt zurück.

Insofern also nicht unbedingt Hobbs bestechendstes Werk, das uns der Verlag, der sich um das Oeuvre der Autorin bemüht und uns überarbeitete Übersetzungen vorlegt, hier als Neuauflage kredenzt. Nicht ganz nachvollziehbar ist insbesondere, dass man die zum Verständnis dieses Zykluss eigentlich unabdingbare „Seelenschiff-Händler“-Romane ausschließlich im eBook neuauflegt hat.

Der Roman bietet uns nach einem etwas zähen Beginn Reminiszenzen an die Zauberschiffe an und ab der Mitte des Bandes findet Hobb zu alter Form zurück, erreicht aber nie die Intensität der Fitz-Titel oder die Faszination der ersten Zauberschiff-Bände.