Thomas Imre: Der Himmel über den Menschen (Buch)

Thomas Imre
Der Himmel über den Menschen
2019, Paperback, 304 Seiten, 12,30 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Thomas Imre wurde 1983 in Neukirchen in Niederösterreich geboren und will mit seinem Werk, Jugendliche und Erwachsene erreichen, die sich nicht nur mit dem „Was wäre wenn etwas aus dem All zu uns kommt“-Thema beschäftigen, sondern auch einen philosophischen Blick auf den Blick ins All und seine Bedeutung für die Menschen werfen.


In einer nahen Zukunft erhält der Astrophysiker Steven Thaillor die Chance, ein neues, leistungsfähigeres Teleskop einzurichten. Schon in den ersten Tagen entdeckt er ein Objekt, das sich langsam aber stetig auf die Erde zubewegt.

Zugleich testet er eine neu entwickelte Technik aus, die es erlaubt, sich im virtuellen Raum auf das Phänomen zuzubewegen und so vielleicht hinter seine Geheimnisse zu kommen. Aber das birgt neben vielen Gefahren natürlich auch eine Art von Sucht, denn er fragt sich nach und nach immer mehr, in welcher Welt es sich mehr zu leben lohnt. Denn auch wenn er im realen Leben ein Gegengewicht durch den Rückzug auf eine Farm findet, so verschärft sich doch die Lage auf der Erde selbst.


Thomas Imre spielt zwar mit dem einen oder anderen SF-Thema, interpretiert dies allerdings nicht auf der Abenteuerschiene, sondern richtet sich auf das Innere des Menschen und den realen Wahnsinn, der dadurch entsteht. Dabei klingen auch immer nachdenkenswerte Gedanken über die Rolle des Menschen im Universum an.

Das Objekt bleibt eine schemenhafte Gefahr, die meistens verdrängt wird, teilweise ängstlich beobachtet, aber auch begrüßt. Dennoch hat das Wissen um das, was die Menschen in ein paar Jahren erreichen könnten, seine Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft.

Das wird aber nur am Rande gestreift, denn der Autor bleibt ganz bei seinem Ich-Erzähler und seiner persönlichen Wahrnehmung. Eine neue und noch experimentelle Technik erlaubt es, den Geist mehr oder weniger vom Körper zu lösen und sich in eine andere Welt zu begeben - ob die wirklich so simuliert ist, bleibt offen.

Ein wenig fühlt man sich dabei an „Matrix“ erinnert, auch wenn die Technik eher positiv gewertet wird und zugleich auch dabei hilft, den Geist zu erweitern. Die Beschreibungen sind akribisch und vermischen sich nach und nach mit der realen Ebene.

Daher ist das Buch nicht leicht zu verdauen. Die Handlung schreitet eher gemächlich voran, fordert dazu auf, selbst über das eine oder andere nachzudenken, sich auf das Konstrukt der virtuellen Welt einzulassen und diese mit dem Autor zusammen zu erforschen.

Die Figuren bleiben daher bis auf den Ich-Erzähler, dessen ganze Lebensgeschichte man nach und nach erfährt, eher blass und dienen in erster Linie als Stichwortgeber oder Umgebung für die Aktionen des Helden. Auch wirkt die reale Welt manchmal etwas naiv in Szene gesetzt, was aber nicht sehr stört

Alles in allem ist „Der Himmel über den Menschen“ ein interessanter, wenn auch eher herausfordernder Roman, der nur Leser ansprechen dürfte, die sich auf Gedankenspiele einlassen wollen. Früher nannte man das übrigens Inner Space, heute scheinen virtuelle Hilfsmittel die Drogentrips der 60er abzulösen, was dem Sub-Genre auch neuen Auftrieb gibt.