Stefan Burban: Im Fadenkreuz - SKULL 2 (Buch)

Stefan Burban
Im Fadenkreuz
SKULL 2
Titelbild: Mark Freier
Atlantis, 2019, Paperback, 394 Seiten, 13,90 EUR (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Nachdem die Skulls trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit und bescheidenem Equipment auf Cascade die Pläne des mysteriösen Zirkels und seinen Handlangern teilweise vereiteln konnten, braut sich nach einer kurzen Verschnaufpause der nächste Ärger zusammen: Ein neues Gesetz soll bestimmte Söldnergruppen, die auf der Lohnliste des Konsortiums stehen, begünstigen, sodass die Konkurrenz praktisch aus dem Geschäft gedrängt wird.

Infolgedessen hat jeder die Wahl zwischen persönlichem Ruin und dem Wechsel in eine skrupellose Truppe, die für ihre nicht minder üblen Auftraggeber die Drecksarbeit erledigt.

Für die meisten Skulls stellt sich die Frage nicht wirklich, und es schließen sich ihnen sogar Söldner anderer Einheiten an, die sich nicht erpressen lassen wollen. Ein unverhoffter Auftrag lässt Hoffnung keimen, doch die Lage auf Condor, einer spärlich besiedelten, in weiten Teilen von Eis bedeckten Welt, ist weitaus undurchsichtiger und gefährlicher, als es zunächst scheint.

Nach und nach wird aufgedeckt, dass die Unruhen innerhalb der Bevölkerung, den Städtern auf der einen und den sogenannten Wanderern, die gelernt haben, in der Wildnis zu überleben, auf der anderen Seite, von außen inszeniert und gelenkt werden. Ein nur allzu bekannter Gegner hat längst Fuß gefasst auf Condor und treibt sein schmutziges Spiel, um das autonome System, das den Schutz der Solaren Republik genießt, zu destabilisieren.

Als die Kampfhandlungen beginnen, sind die Skulls mittendrin. Es geht um nicht weniger als ihr Leben und das der Condorianer. Die Situation eskaliert, der König wird ermordet, und nachdem sie einen hohen Blutzoll zahlen mussten, gelingt den überlebenden Skulls zusammen mit den Resten der condorianischen Flotte knapp die Flucht.


Man sollte unbedingt den ersten Band, „Zu neuer Würde“, gelesen haben, weil „Im Fadenkreuz“ nahtlos an den Vorgänger anknüpft. Für das Verständnis der komplexen Handlung mit mehreren Schauplätzen ist es wichtig, die Vorgeschichte und die zahlreichen Protagonisten inklusive ihrer Beziehungen untereinander zu kennen - trotzdem einige umgekommen sind, durch andere ersetzt wurden und auch diesmal nicht jeder Sympathieträger am Leben bleibt.

Einmal mehr versucht Commodore Dexter Blackburn, die Intrigen eines übermächtigen Feindes, der weitgehend anonym bleibt und seine Helfershelfer vorschickt, zu durchschauen, um den Genozid an den Condorianern zu verhindern. Dabei muss er feststellen, dass nicht jeder ist, was er auf den ersten Blick hin zu sein scheint. Womöglich hat er sogar sein Vertrauen einer Person geschenkt, die für den Zirkel arbeitet und auf ihn angesetzt wurde. Besonders verwirrend - für den Leser - ist, dass sich jemand größte Mühe gibt, Blackburn zu eliminieren und gleichzeitig ein anderer Feind ihn einstweilen zu beschützen bemüht ist. Man darf spekulieren, ob ein Zusammenhang bestehen könnte mit der Situation auf Blackburns Heimatplaneten Beltaran.

Es gibt unglücklicherweise auch Konflikte innerhalb der Skulls: Lieutnant Colonel Lennox Christian und Blackburn werden angesichts dessen, was zwischen ihnen steht, wohl nie Freunde. Immerhin haben sie gelernt, einander zu tolerieren und zu kooperieren, zumal inzwischen jeder weiß, dass Blackburn damals auf Tessa auch nur ein Opfer war, dem man mangels Beweise vor Gericht keinen Glauben schenkte. Infolgedessen haben beide großes Interesse, jene aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen, die das Massaker zu verantworten haben. Alle Spuren führen zum Zirkel, doch jede Antwort, die sie erhalten, ist mit neuen Fragen verknüpft. Bevor sie das Puzzle weiter zusammensetzen können, müssen sie erst einmal ihren aktuellen Auftrag überleben.

Auch der Agent Rodney MacTavish, unterstützt von seiner KI Ozzy, geht den vagen Hinweisen auf die Machenschaften des Zirkels nach. Obwohl er größte Vorsicht walten lässt, bleibt seine Schnüffelei nicht verborgen und bringt ihn in Lebensgefahr. Der einzige Ausweg scheint nur in den Tod zu führen. Nicht allein dieser Cliffhanger lässt das Buch relativ offen enden.

Außer den drei Genannten, den wichtigsten unter den Hauptfiguren, entwickeln sich auch die übrigen Charaktere, denen ein längeres Mitwirken vergönnt ist, weiter. Sie wachsen an ihren Aufgaben, bewerten anhand aktueller Erkenntnisse das Gesamtbild neu, knüpfen nützliche und persönliche Beziehungen. Jeder hat seine Handlungsanteile, wobei sich der Autor auf das Wesentliche konzentriert, um den Leser nicht durch Füllsel und Leerlauf zu verwirren, was leicht passieren kann in Hinblick auf die vielen Personen, Schauplätze, Abkürzungen und so weiter. Bisher schafft er es mit Bravour, alle Fäden fest in der Hand zu halten und das Publikum durch die Story zu navigieren.

So Mancher dürfte bedauern, dass der Schwerpunkt der Handlung auf den Kampfszenen liegt, die unzählige namenlose Opfer fordern und, ganz realistisch, auch die Leben von Charakteren, von denen man gern mehr gelesen hätte. Mal opfern sie sich bei einem riskanten Manöver, um ihre Kameraden oder Zivilisten zu retten, dann wieder werden sie ganz schnell aus dem Leben und der Geschichte befördert durch einen Schuss, eine Explosion etc. Um das Buch für Buch (bislang sind acht Bände geplant) mitzumachen, braucht man schon gute Nerven.

Mit „Im Fadenkreuz“ ist Stefan Burban eine spannende, dramatische Fortsetzung seiner „SKULL“-Reihe gelungen, die den Leser in den Bann zieht. Man fiebert mit den Protagonisten, wenn sie sich in einer praktisch ausweglosen Situation befinden, trauert um die Opfer, gönnt den Überlebenden ihre kleinen Triumphe, rätselt mit ihnen über die Identität des Feindes und seine Beziehung insbesondere zu Dexter Blackburn. Gern wird man auch zum nächsten Roman, „Die Würfel fallen“, greifen.