Jonathan Stroud: Der Ring des Salomo – Bartimäus 4 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 24. Oktober 2010 12:15
Jonathan Stroud
Der Ring des Salomo
Bartimäus 4
(The Ring of Solomo)
Aus dem Englischen übersetzt von Katharina Orgaß und Gerald Jung
Titelillustration von David Wyatt
cbj, 2010, Hardcover, 478 Seiten, 18,99 EUR, ISBN 978-3-570-13967-7
Von Carsten Kuhr
Hallo Sie. Ja ich meine Sie, der da drüben sitzt, und auf die Seiten schaut. Tun Sie nur nicht so, als ob Sie mich nicht kennen würden. Batimäus ist der Name, immer noch, vermeintliche Freunde nennen mich auch einmal respektlos Bart, wobei mir als Helden eigentlich Titel wie der Ehrwürdige, der Überragende oder zumindest der Anbetungswürdiger zustehen würden. Nicht, dass ich überhaupt froh wäre, Ihnen wieder zu begegnen. Eigentlich war mir versprochen worden, endlich meine wohlverdiente Ruhe zu bekommen, und jetzt das – schon wieder muss ich ran, geht ohne mich und meine Kräfte buchstäblich alles den Bach runter.
Ich weiß ja, dass Sie mein Leben interessiert, aber mussten Sie meinem unfähigen Chronisten wirklich so zusetzen? Nicht genug damit, dass er meine letzten Abenteuer für Ihre unwürdigen Augen niederschrieb – und nur durch meine pointierten Anmerkungen der Text auch nur halbwegs lesbar wurde – jetzt will er auch noch meine Vergangenheit vor den Augen der ach so naseweisen und wissbegierigen Leser ausrollen. Da könnte ja jeder kommen und wissen wollen, wie es zwischen König Salomon und der Königin von Saba damals wirklich zugegangen ist. Ich gebe ja zu, wenn es einer wirklich weiß, dann bin ich es, schließlich war ich mittendrin im Geschehen, aber alles, was der Sand der Zeit zugeweht hat, wirklich wieder enthüllen, noch dazu ohne ausreichendes Salair in Form von Schätzen, schönen Maiden oder Macht, das erscheint mir doch ein wenig viel verlangt. Sprich, wenn Sie wirklich wissen wollen, was damals in Jerusalem wirklich passiert ist als Salomo an seinem Ring gedreht hat, seine Zauberer gleich reihenweise von Dschinns hinweggefegt wurden und die Königin von Saba eine Meuchelmörderin auf die Spuren Salomos setzte, dann graben Sie doch in der Wüste – vielleicht finden Sie ja ein paar Schriftrollen, in denen die Ereignisse aufgezeichnet wurden, aber lassen Sie mich in Ruhe – oder fragen Sie diesen unfähigen Schreiberling und Schriftgelehrten Jonathan Stroud – der weiß sowieso immer alles besser, und löchert mich immer wieder mit mehr als nervigen Fragen ...
Der neue Bartimäus ist da – so raunte es auf der Buchmesse und die Augen der Leser wie der Buchhändler erstrahlten. Selten seit dem abschließenden „Harry Potter“-Band wurde ein Buch derartie erwartet, freuten sich die Fans so auf ein Wiedersehen mit einer liebgewonnenen Figur. Woran diese Erwartungshaltung anknüpft, möchten Sie wissen? Nun, zum einen hat Jonathan Stroud es geschafft, mit seiner Trilogie nicht nur den Kreis den jungen Leser anzusprechen, sondern einen All-Age-Bestseller vorgelegt. Der gewollt launische Tonfall des Anti-Helden, seine Kauzigkeit und der dadurch den Romanen innewohnende Humor machten die spannend aufgezogene Handlung zum Selbstläufer. Die Geschichte war erzählt, eine Fortsetzung eigentlich ebenso undenkbar wie unnötig. Nach einer schöpferischen Pause war zunächst angedacht, ob man die Jugenderlebnisse unseres allerliebsten Dämons nicht in Form diverser Kurzgeschichten aufarbeiten könnte, letztlich hat sich der Autor aber dazu entschlossen, zunächst ein historisches Abenteuer aus dem abwechslungsreichen Leben Barts zu portraitieren – Fortsetzungen möglich.
Ein Prequel, wie es neudeutsch und aus dem angloamerikanischen Sprachraum eingebürgert so treffend heißt, ist es also geworden, ein Roman, der uns Bartimäus zunächst in einer ungewohnte Rolle zeigt. Statt, wie man seinem vorlauten Mundwerk entnehmen kann, an der Spitze der Machtpyramide thronend, müssen wir miterleben, wie unser Freund fast hilflos von Zauberern geknechtet und von Artgenossen verhöhnt wird. Da hilft alles Imponiergehabe nichts, seine große Klappe bringt ihn ein ums andere Mal in Schwierigkeiten. Beigegeben wurden auch diesem Band wieder die herrlich respektlosen Fußnoten unseres Dämons, in denen er immer wieder pointiert und respektlos die Handlung kommentiert. Dass er dieses Mal allenfalls Primus inter Pares im Dämonenchor ist, bewirkt, dass er ob des ihm zugefügten Unrechts auch noch den Mitleidsbonus einstreichen kann und trägt zum Unterhaltungswert des Buches nicht unwesentlich bei. Da mag die eigentliche Story noch so dürftig sein – und das ist die Beschreibung eines Verrats und eines Attentats inhaltlich leider – der Lesespaß ist ebenso hoch wie der Vergnügungsfaktor.
Der Roman selbst liest sich recht flüssig und angenehm auf einen Rutsch durch, die Gestaltung ist wiederum sehr gelungen, so dass die Leser ungeduldig auf eine weitere Episode aus dem Leben unseres großmäuligen Dämons warten.