Markus Heitz: Collector - Die Saga in einem Band (Buch)

Markus Heitz
Collector - Die Saga in einem Band
Heyne, 2021, Paperback, 1200 Seiten, 16,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Markus Heitz, Bestseller-Autor; der Mann, der uns nicht nur die Zwerge und Nimue brachte, sondern der mit seinen Werwolf-, Vampir- und 20er-Jahre-Thrillern auch bewiesen hat, dass er im Bereich der historisch angehauchten Weird Fiction zu punkten weiß, hatte vor einigen Jahren bei Heyne eine Mischung aus Space Opera und Military SF lanciert. Neben einigen Gastautoren steuerte auch der Meister selbst zwei Romane zur „Justifiers“-Reihe bei.

Um was geht es in den beiden Titeln, die der Verlag uns nun, ergänzt durch eine neue Novelle, im Dünndruck in einem wahren Ziegelstein von Buch offeriert?

 

Wir schreiben das Jahr 3042. Mit Hilfe von auf der Erde gefundenen, abgestürzten Raumschiffsantrieben hat sich die Menschheit über die Galaxis ausgebreitet. Da man selbst nach Jahrhunderten der Forschung die Rätsel des interstellaren Reisens und dessen technischer Umsetzung nicht gelöst hat, ist man weiterhin auf das Aufspüren der fremden Raumschiffantriebe angewiesen.

Dennoch hat sich die Menschheit, angeführt von den allmächtigen Konzernen, im All ausgebreitet. Mit Aliens wurde Kontakt aufgenommen, Handelsabkommen getroffen und Bündnisse geschmiedet.

Vor einem Viertel Jahrhundert aber kam es zu einem anderen First Contact. Die „Collectors“ haben es sich auf ihre Fahnen geschrieben, die Menschheit in ihrer reinen DNA-Form zu retten - ob die Menschen dies nun wollen, oder nicht. Die Beta-Humanoiden und die Menschen, Kinder zumeist, mit mutierter Erbsubstanz werden dagegen gnadenlos ausgerottet.

BaIn, ein indischer Großkonzern, hat es sich zur Aufgabe gemacht, mehr über die nach wie vor unbekannten Aggressoren herauszufinden. So rüstet der Konzern eine Expedition von Justifiern, aufgerüsteten Weltraumkriegern, aus, die sich an Bord der „Cortés“ auf die Suche nach der Heimat der übermächtig scheinenden Aliens machen soll.

Und die Expeditionsteilnehmer sind ein gar seltsamer Haufen. Mit dabei ein in die Falle gelockter Schwerlastfahrer mit einer besonderen Gabe; eine ebenfalls zwangsverpflichtete Drogendealerin; deren Schwester, in deren Gehirn sich ein intelligenter Parasit, ein Rider, eingenistet hat; Chemical, ein verrückter PSI-aktiver Pilot und ihre Truppe streitkräftiger Krieger.

Im Verlauf der abenteuerlichen Reise wird immer deutlicher, das 2OT, die Maschinenzivilisation, irgendwie mit den Collectors verbunden ist. Wird die Menschheit von den Mechanischen verraten, und wer nur sind die Ahumanen, die sich den Collectors in den Weg stellen? Zwei verlustreiche Raumschlachten später scheint das Ende der freien, selbstbestimmten Menschheit gekommen zu sein…


Der Krieg gegen die Collectors geht in seine letzte, entscheidende Runde. Mit Hilfe der Wyvers, Collectors, die sich gegen ihre Artgenossen gestellt haben, gelang es der verbündeten Flotte der Konzerne erstmals, die Collectors zurückzuschlagen und besetzte Planeten zu befreien. Die Collectors, die Gefallen am Verzehr menschlichen Fleisches gefunden haben, befinden sich auf dem Rückzug. Schon einmal haben sie einen Konzern mit Hilfe angebotenen Technologietransfers dazu gebracht, sie zu unterstützen. 2OT wuchs so über Nacht zu einem der machtvollsten Konzerne der menschlichen Hegemonie heran. Nun bieten sie den Menschen, die sie vor der Vernichtung bewahren sollen, erneut Wissen an. Überlichtantriebe, medizinisches Wissen im Austausch gegen Schutz. Ein langjährig gefangen gehaltener Mensch soll ihnen als Botschafter dienen, die Zerstörung von Groß-Paris ihrem Angebot die nötige Dramatik und Druck verleihen.

Währenddessen suchen zwei Priester, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, auf einem Agrarplaneten nach einer gekidnappten Missionarin. Der eine ein junger Karriere-Christ, der sich in seinem Glauben von nichts beirren lässt, der andere ein alter, merkwürdiger Mann, der sich bestens mit Waffen, Huren und dem Tod auskennt.

Als die unterschiedlichen Parteien an Bord eines unbekannten ahumanen Raumschiffs aufeinandertreffen, warten weltbewegende Neuigkeiten auf sie…


Ich stellte damals provokant die Frage, ob Markus Heitz seine Leser so vor den Kopf stoßen darf und mir nichts, dir nichts das Genre abrupt wechseln dürfte. Er darf!

Sicherlich gibt es Kritikpunkte an den Romanen. Die Welt erscheint in ihren Details nicht ganz ausgereift, gar zu viele Anglizismen stürzen auf den Leser ein, Erinnerungen an Vorbilder - von „Blade Runner“ bis „ShadowRun“ (an der Markus Heitz mitschrieb, bevor er die „Spiegel“-Bestsellerlisten erklomm), von „Perry Rhodan“ bis „Battlestar Galactica“ - werden wach, und so manches Mal steht der Autor mit der Logik ein wenig auf Kriegsfuß. Die Charaktere agieren unmotiviert, sind so bisweilen lediglich Stereotypen und insgesamt recht flach ausgestaltet.

Demgegenüber merkt man dem Text aber an, mit wieviel Begeisterung am „munter drauflos Fabulieren“ Heitz ans Werk gegangen ist, wieviel Spaß ihm diese Romane gemacht haben.

Dass Markus Heitz kurzweilig und spannend zu erzählen weiß ist bekannt, so dass sich die Romane trotz ihres Ziegelsteinformats locker und flüssig in einem Rutsch durchlesen. Die Auflösung des Grundes der in Obhut genommenen Menschheit selbst ist überraschend und verblüffend logisch zugleich.

Heitz-Fans aber diskutierten seine SF-Schöpfung durchaus kontrovers. Den Fantasy-Fans kamen zu wenig Zwerge darin vor, die Thriller- und Horror-Roman-Leser vermissten Loup-Garous, andere Leser priesen die Wiederentdeckung der abenteuerlichen SF. Dabei beleuchtet er die Situation voller Dramatik, Aktion und Tempo aus mehreren Blickwinkeln. Er führt neue Geheimnisse, Völker und Verwicklungen ein, die den Romanen ein unheimlich hohes Tempo verleihen.

Das Buch bietet prall gefüllt all das, für das Fans und Leser Markus Heitz so schätzen: unheimlich dicht gepackte Action, unerwartete Wendungen und Geheimnisse zuhauf, die erst in der Rückschau zeigen, wie sorgfältig sie vorbereitet wurden. Space Opera für das 21. Jahrhundert - ein Buch, das auch Gamer dazu bringt, ihren Joystick beiseite zu legen und zum Medium Buch zu greifen - aber nichts für Zwerge-Fans.