Siri Pettersen: Eisenwolf - Vardari 1 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 02. April 2021 20:18
Siri Pettersen
Eisenwolf
Vardari 1
(Jernulven - Vardari 1, 2020)
Übersetzung: Dagmar Lendt und Dagmar Mißfeldt
Arctis, 2021, Hardcover, 544 Seiten, 20,00 EUR (auch als eBook erschienen)
Rezension von Christel Scheja
Die 1971 geborene Norwegerin Siri Pettersen lebt und arbeitet als Designerin in Oslo. Sich international einen Namen gemacht hat sie sich allerdings durch die „Rabenringe“-Trilogie. Mit „Eisenwolf“ beginnt sie nun die „Vardari“-Saga, die auf derselben Welt spielt.
Juva schlägt sich als Wolfsjägerin durch und nimmt ein hartes, gefährliches und entbehrungsreiches Leben auf sich, auch wenn sie es gar nicht müsste. Denn eigentlich stammt sie von den Blutleserinnen ab, die sich ihr Geld durch persönliche Prophezeiungen verdienen. Doch sie hat gute Gründe dafür, ihre Familie abzulehnen.
Aber schon bald ist sie gezwungen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und damit auch dem tiefen Trauma, das sie seit ihrer Kindheit in sich trägt: Dem Teufel erneut zu begegnen, der im Haus ihrer Mutter lebt. Denn die Vardari, die Ewigwährenden, haben Dunkles im Sinn.
Blut und Begierde sind die treibenden Kräfte dieser Fantasy-Saga, die in einer kalten und unwirtlichen Region angesiedelt ist, in der nicht nur die Kälte das Leben schwer macht, sondern auch die Bedrohung durch diejenigen, die sich nach und nach in Bestien verwandeln, weil sie einem unseligen Rausch verfallen.
Dabei lehnt sich die Autorin an den reichhaltigen Sagenschatz ihrer Heimat an und übernimmt deren Atmosphäre. Man meint regelrecht die Kälte zu spüren, die die verschneite Landschaft vor den Toren der Stadt ausstrahlt und die Düsternis hinter den Mauern und in den Gebäuden.
Noch faszinierender ist allerdings die ungewöhnliche Magie, die immer wieder thematisiert wird und viel mit Blut zu tun hat; Lebenssaft, der unsterblich machen kann, Weissagungen erlaubt oder auch andere Dinge.
Jeder hat seine Geheimnisse und nach und nach enthüllt die Autorin der Heldin und den Lesern gemeinsam, dass das so sorgsam aufgebaute Weltbild mehr oder weniger eine Lüge ist - und man vielleicht auch jetzt nicht alles von dem glauben sollte, was erzählt wird.
Die Begierde ist deutlich spürbar, denn die Helden sind keine Engel, denn schon ihre Sprache hat manchmal etwas Vulgäres an sich, zudem tragen sie auch keinen Keuschheitsgürtel. Männer und Frauen agieren zudem gleichberechtigt nebeneinander, vertraute Klischees werden immer wieder ad Absurdum geführt.
Juva ist eine erfrischend menschliche Heldin. Sie wirkt zwar älter als sie eigentlich ist - aber sie sie hat trotz ihrer Erfahrungen auch Schwächen und Fehler. Ähnlich sieht es mit den wichtigsten Nebenfiguren aus, die nach und nach immer mehr Facetten ihres Wesens zeigen und dadurch überraschen.
Gerade die Unberechenbarkeit der Charaktere lässt die Handlung spannend bleiben, denn es gibt immer wieder Wendungen, die das zuvor Gesagte in einem neuen Licht erscheinen lassen. Am Ende bleiben einige Fragen offen, aber es gibt tatsächlich auch einen vorläufigen Abschluss, der ein paar Dinge abschließt und zugleich Weichen für später stellt.
Vielleicht ist das Geschehen nicht immer ganz jugendfrei, aber wer erdige und blutige Fantasy im Stil von „Game of Thrones“ mag, ohne ständig von Schlachten lesen zu müssen dafür aber umso mehr von Intrigen, der wird durchaus seinen Spaß an dem Roman und seinen Nachfolgern haben können.
„Eisenwolf“ ist kernige und vielschichtige Fantasy aus dem Hohen Norden, die den Schwerpunkt stark auf die Charaktere und eine faszinierende Art von Magie legt. Das Übernatürliche bleibt zwar verhalten, ist aber stetiger Antriebsmotor in einer Welt, in der es nüchtern und brutal zugeht und Blut ein kostbares Gut ist.