Richard Laymon: Vampirjäger (Buch)

Richard Laymon
Vampirjäger
(Bite)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Kerstin Fricke
Titelillustration von istockphoto
Festa, 2010, Taschenbuch, 446 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-125-5

Von Carsten Kuhr

Sam, unser Held, ist von den Socken, als er eines Abend die Tür öffnet und seine einzig wahre, verflossene Liebe vor ihm steht, bekleidet nur in einen dünnen, durchsichtigen blauen Seidenmorgenrock. Als sie ihn bittet mit zu ihr zu fahren, um einen vermeintlichen Vampir, der sie seit Monaten heimsucht, zur Strecke zu bringen, ist er zwar geschockt, doch was tut man nicht alles, um die Chance zu bekommen, nach Jahren der Verzweiflung endlich landen zu können – außerdem, gibt es Vampire überhaupt, oder hat die Gute vielleicht Drogen genommen?

Doch dann entpuppt sich der blutsaugende Besuch tatsächlich als Vampir, und der Holzpfahl trifft ins Herz. Eigentlich, so könnte man nach rund 60 Seiten annehmen, ist nun Schluss, die Beiden finden sich, Friede, Freude... doch da ist Laymon vor, der Ärger fängt erst so richtig an. Als unsere zwei Vampirjäger ihr Opfer in der Wüste verscharren wollen, schließt sich ihnen zunächst ein psychopathischer Serienkiller an, dessen Herzenswunsch es ist, selbst zum Vampir zu mutieren. Später kommt dann ein jugendliches Mörderpärchen hinzu, und die Auseinandersetzung zwischen den drei Parteien wird wirklich blutig...

Dieser Roman ist nicht für schwache Gemüter. Es geht um Gewalt, Mord und Sex, und es gibt wirklich reichlich von allen drei Bestandteilen. Die Lektüre kam mir vor, wie eine Achterbahnfahrt in einer Geisterbahn, oder wie ein B-Movie der typischen Art. Die Charaktere sind auf den ersten Blick gesehen schablonenhaft, die Handlung rein auf den Punkt, auf den blutroten Effekt geschrieben. Mit zunehmender Dauer aber hinterfüttert Laymon seinen Plot mit Details. Zum Vorschein kommt dabei unter anderem die Geschichte einer gedemütigten, misshandelten Frau, von unerwünschten und vernachlässigten Kindern und von sadistischen Angehörigen der gehobenen, feinen Gesellschaft, die ihren Kick nur mehr aus der Erniedrigung und Verletzung anderer bekommen – eine erschreckend reale Dokumentation unserer oftmals kranken Gesellschaft.

Doch im Vordergrund der Handlung steht eine wahrhafte Orgie der Gewalt. Hier tobt sich der Autor regelrecht aus, hier präsentiert er uns eine Geschichte, die soweit von der Realität entfernt angesiedelt ist, dass wir uns gemütlich und sicher in unserem Sessel zurücklehnen können, ohne in Gefahr zu geraten, das Gebotene für zu real zu nehmen – oder vielleicht ...?Wer eher die distinguierte Art eines „Vampir Lestat“ oder eines „Compte de Saint Germain“ bevorzugt, der sollte diesen Roman meiden, wie ein Blutsauger das Weihwasser. Der Leser, der auf entsprechend blutige, durchgedrehte Filme steht, wird hier bestens bedient.