Nicole Rensmann: Gewebewelten (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 05. März 2021 12:23
Nicole Rensmann
Gewebewelten
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2020, Hardcover, 240 Seiten, 16,90 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
Die 1970 geborene Nicole Rensmann lebt heute mit ihrer Familie im Bergischen Land und schreibt bereits seit über zwanzig Jahren. Sie hat um die 70 Werke in verschiedenen Verlagen veröffentlicht und arbeitet derzeit an einem biographischen Bildband über die Bildhauerin Lore Friedrich-Gronau. Dennoch hat sie die Zeit gefunden, einem ihrer Herzensprojekte endlich den letzten Schliff zu verleihen, dem phantastischen Jugendroman „Gewebewelten“.
Fünf Jugendliche, drei Jungs und zwei Mädchen wie sie unterschiedlicher nicht sein können, werden dazu verdonnert im Archiv ihres Internats aufzuräumen und Ordnung zu schaffen. Dabei stolpern sie über einen Teppich, der alles verändert. Erst verschwindet Jana spurlos, dann geraten auch die anderen in ein seltsames Labyrinth in dem sie schon bald mit tödlichen Gefahren konfrontiert werden.
Zusammen finden sie erst wieder bei Myst, einem geheimnisvollen alten Mann, der behauptet ein Zauberer zu sein und sich hier versteckt hat. Warum und vor wem, das finden die fünf jungen Menschen schon bald heraus, aber dafür müssen sie sich auch eigenen Wahrheiten stellen.
Der Anfang hat schon was Klassisches: Fünf Jugendliche werden zu einer ungeliebten und lästigen Arbeit verdonnert, obwohl sie sich eigentlich nicht leiden können. Denn was haben die diabeteskranke Jana, die zickige Lisa, der oberflächliche Timo, der blinde René und der schokoladensüchtige Tobias schon miteinander gemeinsam, außer dass sie alle in diesem Internat sind, um ihre Noten zu verbessern?
Zum Schlüssel wird ein magischer Teppich, der sie zwingt, die Wahrheit zu sagen und auch später scheint Ehrlichkeit der einzige Weg zu sein, um dem Gefängnis wieder zu entkommen. Und das ist für alle schmerzhaft, können sie sich doch nun nicht mehr hinter den sorgsam aufgebauten Fassaden verstecken.
Die Autorin bricht mit so manchem Klischee und Archetypus, ihre Kinder sind wie aus dem Leben gegriffen - mit all den Schwächen und Unzulänglichkeiten, die sie zu verstecken versuchen, ebenso wie mit den Stärken, die sie nun lernen zu entdecken - wie auch den geheimen Gefühlen, die sie nur nach und nach preisgeben.
Routiniert baut Nicole Rensmann eine phantasievolle Geschichte mit vielen kleinen aber feinen Wendungen auf, bedient nicht immer die Erwartungen der Leser und lässt einen am Ende des Buches doch zufrieden zurück. Denn der Trip durch die Gewebewelten lässt alle fünf erwachsener und im Umgang mit anderen Menschen sicherer werden. Vor allem stehen sie irgendwann auch zu sich selbst und gehen auf die anderen zu.
Dabei kommt auch die Phantasie voll zum Zuge, denn die magischen Momente schaffen es immer wieder, in den Bann zu schlagen, manchmal sogar zu amüsieren. Es sind die kleinen Dinge, die Details, die das Buch lebendig und unvergesslich machen. Wie etwa die Boten des Todes, die nicht ganz so wollen, wie es ihr Dienstherr erwartet.
Die zentralen Figuren sind lebendig in Szene gesetzt und entwickeln sich weiter, auch wenn natürlich ein deutlicher Fokus auf Jana und Timo liegt, die zusammen mit Lisa ein wenig für den Schuss Romantik sorgen, der irgendwie dazu gehört.
Das macht „Gewebewelten“ zu einem facettenreichen Fantasy-Roman, der Jung und Alt gleichermaßen ansprechen dürfte, finden sich in der magischen und märchenhaften Abenteuer-Geschichte doch bald alle in den Figuren und ihren immer wieder überraschenden Erlebnissen wieder.