George R. R. Martins Der Heckenritter (Comic)

George R. R. Martin
Der Heckenritter
(George R. R. Martins The Hedge Knight, 2006)
Aus dem Englischen von Kerstin Fricke
Titelillustration und Zeichnungen von Mike S. Miller
Panini, 2007, Paperback mit Klappenbroschur, 160 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86607-482-8

Von Irene Salzmann

Nach dem Tod des alten Ritters Ser Arlan nimmt sein Knappe Dunk dessen Schwert und Schild an sich und reitet nach Ashford, um am Turnier teilzunehmen und sein Glück als Ritter Ser Duncan der Große zu machen. Allerdings ist sein Name unbekannt, auch an Ser Arlan will sich niemand erinnern – und ohne einen Bürgen darf er nicht an den Spielen mitwirken.

Es kommt aber noch schlimmer: Als ein arroganter Ritter eine Puppenspielerin misshandelt, greift er ein und schlägt ausgerechnet Prinz Aerion nieder. Dafür soll er gefoltert werden, aber des Eingreifens von Egg, einem Jungen, der sich Dunk angeschlossen hat und nicht der ist, der er vorgab zu sein, wird er lediglich in den Kerker geworfen. Vor dem Gericht verlangt Aerion ein Gottesurteil: Dunk muss sechs Ritter finden, die davon überzeugt sind, dass er richtig gehandelt hat, und an seiner Seite gegen die Männer Aerions kämpfen wollen. Zwar hat der Prinz viele Feinde, aber Dunk hat nur wenige Freunde, und keiner ist ein Ritter...

Der vorliegende Fantasy-Comic spielt in der Welt der Roman-Serie „Das Lied von Feuer und Eis“ und ist etwa ein Jahrhundert vor den darin beschriebenen Ereignissen angesiedelt. George R. R. Martin schuf mehrere Kurzgeschichten, die sich um den Heckenritter Dunk und seinen Knappen Egg ranken. Diese wurden von Ben Avery („Lullaby“, „Armor Quest“ u. a.) als Comic adaptiert; einer davon ist auch in Deutschland erschienen. Als Zeichner konnte er Mike S. Miller („Wolverine“, „X-Men“ etc.) gewinnen.

Eigentlich ist „Der Heckenritter“ eher ein Abenteuer- als ein Fantasy-Comic, denn es gibt keinerlei magische Phänomene, und die Handlung könnte ebenso gut im England des 12. Jahrhunderts spielen und der fahrende Ritter ein Zeitgenosse von Richard Löwenherz, Ivanhoe und Robin Hood sein.

Die chronologisch erste Geschichte stellt die Hauptfiguren vor: Dunk, eigentlich ein Knappe, der als Ritter anerkannt werden und die Ideale seines Standes hochhalten möchte, und Egg, seinen Knappen, der in Wirklichkeit viel mehr ist und den seine Brüder enttäuscht haben. Die beiden raufen sich sehr schnell zusammen, als sie merken, dass sie ähnlich denken und einander helfen können, in einer rauen Welt ehrbare Ziele zu verfolgen. Genau das aber bringt Dunk immer wieder in heikle Situationen. Erst setzt er alles auf eine Karte, um an dem Turnier teilzunehmen – der Verlierer muss seine Rüstung und seine Pferde dem Sieger überlassen –, dann hilft er einer Puppenspielerin und macht sich dadurch einen Prinzen zum Feind, und selbst jene, die sich auf Dunks Seite stellen, haben nicht die Macht, ihm aus dieser Klemme herauszuhelfen. Man nimmt nichts vorweg, wenn man verrät, dass die Handlung eine unerwartete Wende und die Geschichte ein bitteres Happy End für den „Heckenritter“ nimmt, denn bekanntlich erlebt er noch weitere Abenteuer. In der Story geht es weniger um Kämpfe und Intrigen als um das Denken und Handeln, die Wünsche und Träume der Menschen. Dunk ist ein Mann des Volkes, der keinen Standesdünkel kennt und sofort hilft, wenn jemand in Not ist. Ohne an die Konsequenzen für sich selbst zu denken, mischt er sich ein – und gewinnt dadurch Freunde gleichermaßen wie Feinde, die ihre Ehre befleckt sehen und längst nicht mehr nach ritterlichen Idealen leben. Egg bleibt hier noch ein wenig im Hintergrund, denn sein wahrer Name ist Überraschung genug.

Die Kurzgeschichte wurde gelungen umgesetzt und schenkt dem Leser eine kurzweilige Lesestunde. Auch die Zeichnungen können überzeugen. Eine Cover-Galerie und eine Tafel mit den Wappen der Turnierteilnehmer runden den Band gelungen ab.

Schätzt man intelligente Fantasy beziehungsweise Comics, wird man viel Freude an dem „Heckenritter“ haben. Schade, dass Panini nicht auch das zweite Paperback nach Deutschland brachte!