Maya Montayne: Nocturna - Das Spiel des Fuchses (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 28. Januar 2021 18:09
Maya Montayne
Nocturna - Das Spiel des Fuchses
(Nocturna, 2019)
Übersetzung: Urban Hofstetter
Blanvalet, 2020, Paperback, 512 Seiten, 15,00 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Drei Monate war Prinz Alfie aus San Cristóbal, der Hauptstadt Castellans, verschwunden. Niemand ahnte, wo er abgeblieben war. Nachdem sein Bruder, der ältere Kronprinz, durch einen Meuchelmörder mittels Magie entführt und vermeintlich getötet worden war, ruht die Hoffnung eines ganzes Landes auf den Schultern eines jungen Mannes, den nur eines umtreibt: Wie kann er seinen verschwundenen Bruder wiederfinden und retten?
Nach einem Vierteljahr der verzweifelten Suche muss Alfie einsehen, dass seine Mission gescheitert, dass er sich in die so ungewollte Rolle als künftiger Monarch fügen muss.
Einen winzigen Hoffnungsschimmer hat er noch - dass er in den verbotenen Zauberbüchern der englassischen Eroberer doch noch einen Zauber findet, mit dem er die Spur seines Bruders aufnehmen kann.
Doch schon an die Bücher heranzukommen erweist sich als schwierig. Von einem undurchsichtigen Verbrecherkönig in einem Glücksspiel ausgelobt muss Alfie an selbigem, natürlich inkognito, teilnehmen und gewinnen. Dass ihm dabei eine junge Diebin, deren Magie es ihr ermöglicht, das Aussehen eines jeglichen Menschen anzunehmen in die Quere kommt, erweist sich als schicksalshaft.
Als er seinen Vetter vor einer eigentlich ihm geltenden tödlichen Vergiftung retten will, steht ihm die Gesichtsdiebin zur Seite. Nur indem er eine uralte, eingekerkerte Magie freilässt, gelingt es ihm seinen Pflegebruder das Leben zu retten.
Nun aber muss er schauen, dass er die Magie, deren Kerker er gesprengt hat, wieder einfängt -sonst droht seiner Heimat der Untergang.
Urban Hofstetter war lange Jahre der Mitherausgeber der Fantasy-Edition von Blanvalet/Penhaligon. Nachdem er sich vor einiger Zeit als Übersetzer selbstständig gemacht hat, taucht sein Name immer öfter in den Impressen zumeist voluminöser Fantasy-Titel auf. Dank seines Fachwissens kann er sich in aller Regel interessante Titel zum Übertragen ins Deutsche heraussuchen.
Vorliegend hat er sich einmal mehr den Auftaktroman einer High-Fantasy-Reihe vorgenommen, den der Verlag uns als „lateinamerikanisch angehauchtes Setting“ anpreist.
Lassen wir die in den Text eingestreuten spanischen Ausdrücke einmal außen vor, so bleibt dieses Lateinamerikanische allerdings eher im Hintergrund.
Von der Anlage her erwartet uns dabei dann eine Welt, die wirklich etwas anders daherkommt, als bekannt. Das Reich wurde vor einigen Generationen von den engalassischen Eroberern besetzt, die den Menschen nicht nur ihre Sprache, sondern auch ihre Magie stahlen. Erst ein Aufstand führte wieder zur Unabhängigkeit - just steht ein Friedensvertrag zur Ratifizierung an.
Ungewohnt ist bei Motayne insbesondere die Ausgestaltung der Magie. Ein Jeder verfügt über elementare Magie, die instinktgesteuert wird. Darüberhinaus haben einige Wenige das sogenannte „Propio“ - besondere Gaben, die man schulen und weiterentwickeln kann. Natürlich hat unser erzählerisches Duo Propio im Überfluss.
Die beiden jeweils alternierend erzählenden Protagonisten - hier der Prinz, dort die Gesichtsdiebin - ergänzen sich gut. Der Kronprinz wirkt allerdings oft unsicher und in seinen Entscheidungen sprunghaft, hier bietet sich die Diebin, die im Leben nie etwas geschenkt bekommen hat, weit erwachsener und abgeklärter an.
Nach gut der Hälfte des Romans aber nimmt das Tempo deutlich ab, sucht die Autorin oftmals leichte Wege, ihre Handlung voranzubringen und nutzt so manches Mal den Zufall ein wenig zu häufig. „Show, don’t tell“ heißt es da so schön - ein Motto, das die Verfasserin ein wenig mehr hätte beherzigen können.
So bleibt ein ambivalenter Eindruck. Einem gelungenen, spannenden Auftakt mit einer ganz eigenen Magie folgt ein etwas enttäuschender Mittelteil bevor es im Finale wieder dramatischer und packender zugeht.