Karl May & Peter Thannisch: Winnetou unter Werwölfen (Buch)

Karl May & Peter Thannisch
Winnetou unter Werwölfen
Titelillustration von Nicolay Georgiev
Piper, 2010, Taschenbuch, 430 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-492-26772-4

Von Carsten Kuhr

Sie kennen Ihren Karl May? Sie glauben zu wissen, wie es im Wilden Westen zuging? Nun, dann machen Sie sich auf eine Begegnung der ganz besonderen Art gefasst – denn nach der Lektüre von Peter Thannischs Ode an Winnetou und Old Silverhand werden Sie um einige Erkenntnisse reicher und zudem gut unterhalten worden sein.

Der Mayer Karl, Mayer natürlich mit a und y, hat auf seinen Reisen in ferne Länder schon so Einiges erlebt, was er dann in seiner Heimat Radebeul in seinen Reiseberichten niedergelegt hat. Den fernen Orient hat er bereist, nun macht er sich auf, einen anderen Kontinent zu erkunden. Als Lusche muss er sich zunächst seine Sporen verdienen, wird doch nicht gleich jeder dahergelaufene Möchtegern-Westmann mit einem Kampfnamen geehrt. Nachdem er erste Prüfungen bestanden hat, eine ganze Horde Ghule mit teurer Silbermunition erschossen, ein vom Teufel besessenes Ross gebändigt und seine Fähigkeiten als Landvermesser nachgewiesen hat, soll er an der Seite von Howlin Sam dem Dampfross einen Pfad durch Indianergebiet bahnen. Dass sich sein Auftraggeber von einer Horde rumänischer Vampire bewachen lässt, könnte er ja noch akzeptieren, doch dann erweisen sich die Indianer als Werwölfe.

Zusammen mit den Westmännern ist es an unserem, Surveyor, die Angriffe abzuwehren. Ein Werwolfindianer hat es ihm besonders angetan. Der mit dem verhassten französischen Akzent sprechende Winnetou steht zwar auf der gegnerischen Seite und lässt so manchen vorlauten Spruch los, doch gleichzeitig überzeugt er unseren aufrechten Deutschtümler durch seine Würde und Integrität. Als er dann noch dessen bezaubernde Schwester kennenlernt und von einem riesigen Silberschatz munkeln hört, ist der Mayer Karl hin und weg – mehr von letzterem, auch andere Mütter haben ja hübsche Töchter, aber immerhin. Doch dann kommt ein anderes Rudel Werindianer und fiese Vampire ins Spiel, und schon geht es los im Kampf um den Schatz im Silbersee...

Vergessen Sie alles, was Sie über Karl May oder den Wilden Westen wissen. Bei Peter Thannisch lernen Sie den Westen so kennen, wie er wirklich war. Ich gebe zu, dass ich zu Beginn ein wenig skeptisch an das Buch heranging. Würde es dem Autor, der unter anderem für den wackeren Reverend Pain verantwortlich zeichnete, gelingen, dem May´schen Mythos gerecht zu werden, oder würde mich eine letztlich eher peinliche Hommage an den Meister deutscher Bubenherzen erwarten? Die Antwort lautet, keines von beidem! Man merkt dem Buch an, mit welcher Begeisterung der Verfasser, aber auch der Verlag, hier am Werk war. Natürlich orientiert sich die Handlung an den berühmten Vorbildern, die Generationen deutscher Leser mit den edlen Indianern und den intriganten Weißen vertraut machten. Doch dann geht der Plot ganz eigene, faszinierende Wege. Ich meine jetzt weniger die Anreicherung der Welt mit Gestaltwandlern, Ghulen und Vampiren – derlei Gezücht kennen wir ja bereits aus unzähligen Urban-Fantasy- und Grusel-Serien. Die Art und Weise, wie der Autor seine Helden ein ums andere Mal durch den Kakao zieht, wie er immer wieder lustige und hintergründige Anspielungen auf berühmte Filme und Romane einfließen lässt, machen die Lektüre zum Selbstläufer.

Das hat Tempo, jede Menge Slapstick aber auch ein wenig hintergründigen Humor, liest sich ebenso vergnüglich wie kurzweilig und ist einfach nur ein toller Spaß voller vertrauter Personen und Orte, aber doch wieder ganz anders als bislang bekannt und erwartet. So bleibt zu hoffen, dass sich Peter Thannisch auch einmal den Abenteuern Kara Ben Nemsis auf seine ganz eigene Art und Weise annimmt.