Bernhard Kempen: Arkadia - Xenosys-Universum 1 (Buch)

Bernhard Kempen
Arkadia
Xenosys-Universum 1
Titelbild: Dirk Schulz
Innenillustrationen: Michael Wittmann
p.machinery, 2020, 158 Seiten, 15,90 EUR, ISBN 978-3-95765-210-2 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Die Menschheit hat das All erobert, sich in der Galaxis ausgebreitet. Platz genug hat man, fand man doch paradiesische Planeten vor. So kann ein jeder nach seiner oder ihrer Facon glücklich werden - auf dem Kolonialplaneten Arkadia sogar gänzlich unbekleidet. Hierher haben sich die Nudisten zurückgezogen. Dass eine genetische Mutation dafür gesorgt hat, dass sie all ihrer Körperbehaarung verlustig gingen sorgt dafür, dass auch wirklich nichts verborgen bleibt.

„Trash Universe“, die Enthüllungsplattform, entsendet ihren Top-Reporter Adrian Ginjeet auf den idyllischen Planeten um über das Leben und die Liebe zu schreiben. Dass Adrian zwar nicht unbedingt prüde, aber doch von seiner Hose nicht lassen will, macht ihn zur Zielscheibe des gutmütigen Spotts der Bewohner. Die etwas rundliche July und Greedy versuchen ihn zu ihrer Lebensauffassung zu bekehren.

Doch auch auf Arkadia ist nicht alles nur eitel Sonnenschein - ein Verbrechen, das erste in den immerhin 60 Jahren der Planetengeschichte, erschüttert die Gemeinschaft - und natürlich ist Adrian der erste und einzige Hauptverdächtige…


Bernhard Kempen zählt zu den versiertesten und angesehensten Übersetzern des Genres. Größen wie Richard Morgan oder John Scalzi verdanken ihren Erfolg auch seinen kongenialen Übertragungen aus dem Englischen. Vorliegend entführt er uns das erste Mal in sein Xenosys-Universum. Und er berichtet uns von einer Freikörperkultur, an der die Hippies der 60er Jahre ihre helle Freude gehabt hätten.

Nichts ist es mehr mit den Status-Symbolen der Markenhersteller, die Arm von Reich trennen. Mehr noch, die äußere Nacktheit, der ultimative Gleichmacher führt - zumindest im Roman - zu einer funktionierenden Gesellschaft. Dabei zeigt der Autor unserer ach so aufgeklärten Gesellschaft einen Spiegel auf, der die innere Verklemmtheit porträtiert. Vorurteile nimmt Kempen ebenso gekonnt ins Visier, wie er an Tabus kratzt. Inzest, freie Liebe zu Mehreren, Sex mit Minderjährigen - all dies wird tangiert, thematisiert und der Leser darf, nein er muss sich hier positionieren.

So Mancher wird vom Inhalt verstört, wird sich aufregen, wird gar Zeter und Mordio schreien. Darf man Derartiges, wenn auch nur in einem Roman, darstellen, wie muss man als Leser darauf reagieren?

So ist dies ein kurzer Roman, der unterhält, der Werbung für eine andere, unverklemmtere Lebensweise macht, der ganz bewusst an Tabus rüttelt und den Leser nicht nur unterhält sondern auch animiert, sich zu positionieren.