Bald sind wir wieder zu Hause (Comic)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 18. Juni 2020 11:00
Bald sind wir wieder zu Hause
Text: Jessica Bab Bonde
Zeichnungen: Peter Bergting
Übersetzung: Monja Reichert
Cross Cult, 2020, Hardcover, 108 Seiten, 20,00 EUR, ISBN 978-3-96658-178-3 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
In den letzten Jahren nimmt der Rechtsextremismus in Deutschland und Europa wieder zu. Gerne leugnen dann die Anhänger auch schon einmal den Holocaust. Deshalb sind Geschichten wie „Bald sind wir wieder zu Hause“ wichtig, um die Menschen nicht vergessen zu lassen, dass diese Gräuel einmal Wirklichkeit waren und viele Menschen durch Willkür und Grausamkeit ihr Leben verloren. Peter Bergting und Jessica Bab Bonde setzen hier die Lebenserinnerungen von sechs Überlebenden um, die damals noch Kinder oder gerade einmal Jugendliche waren.
Da ist Tobias, der mit seinen Eltern zufrieden in Łódź lebt, dann aber nach dem Einmarsch der Deutschen erst seines alten Lebens beraubt wird und zunächst in ein Ghetto, dann in ein Lager verbracht wird. Leid und Elend bestimmen sein Leben in den kommenden Monaten und Jahren - nach und nach sterben Familienmitglieder oder werden eiskalt ermordet. Er ist der Einzige, der überlebt.
Ähnliche Schicksale erleben auch Livia, Selma, Susanna, Emerich und Elisabeth. Sie sind meist Juden, die aus den zunächst noch nicht deutschen Ostgebieten stammen, durch den Einmarsch aber nach und nach ihrer Rechte beraubt werden und schließlich auch noch in Arbeitslager, Konzentrationslager und Vernichtungslager verschleppt werden.
Natürlich beleuchtet jede der Geschichten andere Aspekte des Grauens, sie bleiben aber alle persönliche Geschichten und zeigen in einfachen, wenn auch berührenden Bildern das Grauen und die wenigen Momente der Hoffnung, durch die die damaligen Kinder in der Lage sind, zu überleben.
Auch die Erzählweise ist eher ruhig, bemüht sich strikt aus der Sicht der Erzähler zu berichten und nicht darüberhinaus zu gehen. Das macht die Ereignisse umso bewegender, weil man als Leser in der Lage ist, in das Schicksal einzutauchen, mit den einzelnen Figuren zu leiden und zittern, zu hoffen und gelegentlich auch herbeizuwünschen, dass das Leid doch endlich ein Ende hätte.
Die Geschichten mögen lange nicht alles von dem Grauen zeigen, sind dadurch aber auch schon für jüngere Leser zu verdauen. Sie können durch das Alter der Protagonisten in deren Haut schlüpfen und sich gut in die Geschichte hinein versetzen. Und erwachsene Leser bekommen so die Chance Einzelschicksale zu erleben, die in der Masse eher untergegangen sind.
Letztendlich ist die Art der Erzählweise gut gewählt, gerade wenn die Kinder und Jugendlichen aus ihrem vertrauten Leben gerissen und dann nach und nach immer mehr entwürdigt werden. Man atmet letztendlich auf, dass alle von ihnen am Ende doch noch glücklich werden konnten und vergisst dann doch nicht mehr, was ihnen in den Lagern angetan wurde.
„Bald sind wir wieder zu Hause“ ist berührend umgesetzte Zeitgeschichte, die gerade durch die persönlichen Einzelschicksale unter die Haut geht. Hier wird das Grauen aus der Sicht der Gefolterten und Gequälten gezeigt und die Angst und Verzweiflung mehr als nachvollziehbar gemacht, ohne die Bilder durch zu viel Ekel zu ersticken oder aber irgendetwas von den Gräueltaten zu beschönigen.