Mechthild Gläser: Die Buchspringer (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 15. Juni 2020 17:25
Mechthild Gläser
Die Buchspringer
Loewe, 2019, Taschenbuch, 380 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-7432-0481-2 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Christel Scheja
Die 1986 in Essen geborene Mechthild Gläser studierte Politik, Geschichte und Wirtschaft. Sie hat sich allerdings mehr auf das Schreiben verlegt und verfasst seit einigen Jahren Romane für Jugendliche und Kinder, am liebsten bei einer Tasse Tee.
Amy ist gar nicht begeistert, dass ihre Mutter sie im Sommer auf eine abgelegene und von der Moderne vergessene Shetland-Insel schleppt. besser wird es, als sie ihre Großmutter kennenlernt, denn die verschrobene Herrin der Familie Lennox enthüllt das Familiengeheimnis vor ihr und macht Amy klar, dass auch sie die Gabe ihrer Vorfahren beherrscht. Sie ist eine Buchspringerin, dazu ausersehen, in die Seiten von Büchern einzutauchen und die Figuren höchstpersönlich kennenzulernen.
Während das Mädchen erst abgestoßen, dann immer faszinierter von dieser Magie ist und sie auskostet, dabei Einiges durcheinander bringt und erste engere Kontakte knüpft, geschehen jedoch seltsame Dinge in der Buchwelt. Ein Dieb geht um und bringt dort alles durcheinander, wird zu einer Gefahr für die literarischen Werke.
So muss Amy dann doch aktiv werden und den Schuldigen finden, Verbündete findet sie in dem gleichaltrigen Will und in den Buchfiguren Shir Khan und Werther. Gemeinsam erleben sie viele dramatische Abenteuer.
Die Idee, junge Menschen aus der modernen Zeit in andere Welten eintauchen zu lassen, auch in die von Büchern, ist nicht unbedingt neu und innovativ, aber Mechthild Gläser schafft es dennoch ihrer Geschichte einen gewissen Charme zu verleihen.
Ihre Heldin ist nämlich etwas ganz Besonderes und es hatte einen guten Grund, warum ihre Mutter sie so lange von der Insel fern gehalten hatte. Aber auf der anderen Seite ist das Geheimnis um den Dieb auch viel komplexer und ungewöhnlicher als gedacht, das Ende überrascht durch die Konsequenz.
Natürlich lässt es sich die Autorin nicht nehmen, auch den einen oder anderen Klassiker mit einzubinden, achtet allerdings tunlichst darauf, nur urheberrechtsfreie Figuren und Romane zu erwähnen. Deshalb sind auch so viele Klassiker darunter, viele aus dem 19. Jahrhundert, einige wenige aus dem frühen 20. Jahrhundert. So können eifrige Leser einen interessanten neuen Einblick in das Dschungelbuch erhalten, bekommt auch Peter Pan eine neue Bedeutung und einer der heute weniger bekannten Helden von Goethe hat seinen Auftritt. Alle stehen sie dem zunächst unerfahrenen, dann aber immer sicherer werdenden Mädchen zur Seite und führen sie durch die Buchwelten nach und nach den Geheimnissen entgegen, die alles zu zerstören drohen.
Es bleibt durchweg spannend, vor allem wenn man keine großen Erwartungen an die Geschichte stellt, sondern sie einfach nur genießt. Die Figuren wissen durch ihre vielen Facetten zu gefallen und wachsen einem nach und nach ans Herz. Dazu kommt ein guter Schuss Humor an den richtigen Stellen, der glücklicherweise nicht aufgesetzt wirkt.
„Die Buchspringer“ weiß gut zu unterhalten, auch wenn erfahrenen Lesern einiges bekannt vorkommen dürfte. Die Autorin gewinnt dem Thema aber genügend Variationen ab, um ihre Leser gelegentlich zu überraschen und augenzwinkernd neue Facetten einzubringen, die man so noch nicht kannte.