Dave Duncan: Omar, der Geschichtenhändler (Buch)

Dave Duncan
Omar, der Geschichtenhändler
(Die Straße der Plünderer & Die Jägersschenke)
(The Reaver Road & The Hunters Haunt)
Aus dem kanadischen Englisch übersetzt von Michael Krug
Otherworld, 2007, Hardcover, 478 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-9502185-2-7

Armin Möhle

Der vorliegende Band enthält zwei Romane des kanadischen Fantasy-Autors Dave Duncan, in deren Mittelpunkt Omar, der Geschichtenhändler, steht: „Die Straße der Plünderer“ und „Die Jägerschänke“. In Deutschland sind weitere Romane Duncans seit Anfang der 1990er Jahre des letzten Jahrhunderts zunächst im Heyne Verlag, später im Bastei-Lübbe Verlag (insgesamt etwa 30 Romane, überwiegend Zyklen natürlich) und bei Otherworld erschienen („Des Königs Dolche“, 2006).

Omar wird von den Göttern mehr oder minder direkt an Orte gesandt, an denen sich epochale Ereignisse abspielen, von denen er später, seiner Profession folgend, berichten soll.

In „Die Straße der Plünderer“ sucht er die Stadt Zanadon auf, die vor dem Ansturm der Horden der Vorkans steht, welche bereits das Umland überrannt und verwüstet haben. Zanadon war eine bislang uneinnehmbare Stadt, die von dem Götterpaar Maiana und Balor gegründet wurde. Die Götter gelobten zurückzukehren, wenn Zanadon in Gefahr geraten sollte. Omar lässt sich versklaven, befreit sich und deckt mit seinen Gefährten ein Komplott der Hohepriester Zanadons auf, die ihrem Volk das Erscheinen Maianas und Balors vorgaukeln wollen. Doch die Handlung nimmt eine nicht unerwartete Wendung.

In „Die Jägerschänke“ ist Omar deutlich passiver. Er muss wegen eines Wintereinbruchs in jene Herberge zurückkehren, dessen Wirt er bei seinem vorherigen Aufenthalt die Zeche schuldig blieb. Omar kann sich nur vor dem sofortigen Hinauswurf retten, indem er den Wirt und die übrigen Gäste zu einem Geschichtenwettstreit überredet: Gewinnt Omar, zahlen die Gäste seine Rechnung, verliert er, muss er die Herberge verlassen. Abwechselnd berichten die Herbergsgäste und Omar von der Geschichte des Landes der sieben Städte, beginnend mit den Zwistigkeiten zwischen den Städten, die sie unter das Joch des Pferdevolkes fallen ließen, über ihren Befreiungskampf bis hin zu den Wirrnissen um die Besetzung der verwaisten Throns.

Omar ist als Geschichtenhändler und -erzähler eine interessante Figur. Die Geschehnisse, die er beeinflusst und/oder von denen er berichtet, sind dagegen konventionelle Fantasy. Zunächst wird eine Stadt bedroht, dann wird in epischer Breite das Schicksal eines Reiches geschildert. Während sich „Die Straße der Plünderer“ durch diverse humoristische Ansätze auszeichnet, vermag „Die Jägerschänke“ nicht zu befriedigen. Vermutlich wollte es der Autor lobenswerterweise vermeiden, „Die Straße der Plünderer“ zu kopieren, jedoch ohne eine überzeugende Alternative entwickeln zu können. So ist es kaum anzunehmen, dass sich ein gewiefter Geschichtenerzähler wie Omar auf einen Wettstreit einlässt, den zu gewinnen er sich nicht von vornherein sicher ist. Als die Klärung der Thronfolge ansteht, geht es hinab in die Niederungen von unübersichtlichen Verwandtschaftsverhältnissen. Das ist, zugegeben, notwendig, weil ansonsten die Pointe von „Die Jägerschänke“ nicht funktionieren würde.

Sowohl „Die Straße der Plünderer“ als auch „Die Jägerschänke“ sind routiniert erzählt. Fantasy-Leser, zu deren Lektüre konventionelle Stoffe des Genres gehören, werden ihren Spaß daran haben, die Aktionen eines unkonventionellen, sympathischen Protagonisten zu verfolgen. Wer sich dagegen von seiner Lektüre Unterhaltung und Anregungen abseits bekannter Themen des Genres erhofft, dem ist allenfalls „Die Straße der Plünderer“ zu empfehlen – natürlich unter der Einschränkung, dass sich das Buch nicht teilen lässt. Immerhin ist „Die Straße der Plünderer“ kürzlich als Einzelband bei Bastei-Lübbe erschienen (Fantasy-TB 20614) und auch die Wiederveröffentlichung von „Die Jägerschänke“ steht bevor (als Fantasy-TB 20626).