Adam Conners: Abenteuer einer Sklavin (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 07. Juni 2020 10:34
Adam Conners
Abenteuer einer Sklavin
Blue Panther Books, 2020, Taschenbuch, 168 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-96641-607-9 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Über Adam Conners erfährt man, dass er als Germanist von Irland nach Süddeutschland emigrierte und dort mit seiner Familie als Winzer tätig ist. Bei der Lektüre von „Abenteuer einer Sklavin“ hätte man von der Sprache und der Perspektive her eher eine Autorin erwartet, sodass der kleine Lebenslauf bei Blue Panther Books, sofern er nicht fiktiv ist (Pseudonym?), überrascht.
Eigentlich ist die begüterte Sabine glücklich verheiratet mit ihrem älteren Ehemann Karl, einem Mediziner. Dennoch lässt sie sich in ihrer Einsamkeit auf einen One Night Stand ein, den sie sofort bereut. Karl zeigt sich großzügig und bucht einen Versöhnungsurlaub in Ägypten. Die Tour in die Wüste endet jedoch für Sabine in der Gewalt eines Sklavenhändlers, der sie an Scheich Rasul, den Herrscher von Biran, verkauft.
Dieser glaubt, dass die Deutsche das Zeug hat, ein wettbewerbsfähiges Pony zu werden, wie es sein Stall schon seit Längerem nicht mehr hervorgebracht hat. Für Sabine bedeutet das, sich körperlichen Modifikationen unterziehen zu müssen. Ihre Sehnen werden verkürzt, sodass sie nur auf den Zehen laufen kann, die Hufe und Eisen erhalten. Ein Schweif wird ihr angepasst, wodurch sie die Kontrolle über ihre Ausscheidungsorgane verliert. Selbst Ihre Stimmbänder werden verklebt, damit sie nicht mehr sprechen kann und weniger aufmüpfig ist. Hinzu kommen die Unterbringung in einem Stall, Fesselungen, schmerzhafte Geschirre, hartes Training und insgesamt eine Behandlung, welche die junge Frau dazu treibt, sich sehr bald wie ein Tier - wie ein Pony - zu fühlen und sich in ihr Schicksal zu ergeben.
Zunächst war es der Wunsch, am Leben zu bleiben und sich eines Tages an Karl zu rächen, welcher es von Anfang an auf ihr Vermögen abgesehen hatte, der Sabine befähigte, all die Torturen zu überstehen. Nach einer Weile findet sie sich jedoch mit ihrem Los ab und will ein gutes Pony sein, denn die Zufriedenheit ihrer Trainer und infolgedessen kleine Belohnungen machen ihr Leben einfacher und erlauben ihr sogar einen gewissen Stolz auf ihre Leistungen. Dank ihrer Fitness und ihres Ehrgeizes schafft es Sabine, bei Wettbewerben antreten zu dürfen und Biran einen Erfolg nach dem anderen zu bescheren, wodurch sie die Gunst von Fürst Rasul gewinnt.
Bei Blue Panther Books sind kürzlich einige Bücher zum Thema Petplay erschienen, darunter Arno Hoffmanns „PetPlay“ und Corinne Du Prés „Zeig’s mir!“ sowie Adam Conners „Abenteuer einer Sklavin“. Für gewöhnlich geht es denjenigen, die sich eine Auszeit als Tier nehmen wollen, lediglich um eine Mischung aus Spiel, Abgabe von Verantwortung, Dominanz und Unterwerfung, Abrichtung, Fesselung und Erniedrigung, mit variablen Schwerpunkten und unter der Verwendung von allerlei Equipment, sowohl mit als auch ohne Sex - stets im gegenseitigen Einvernehmen.
Im vorliegenden Roman wird jedoch eine junge Frau gegen ihren Willen erheblichen körperlichen Modifikationen unterzogen, durch die sie nicht nur optisch in ein ‚Pony‘ verwandelt, sondern vor allem durch die damit verbundenen Konsequenzen und die Behandlung erniedrigt wird, damit sie ihr bisheriges Dasein als Mensch schnellstens hinter sich lässt und in der Rolle des gehorsamen Tiers völlig aufgeht.
Man denkt dabei unwillkürlich an Extrem-Cosplayer und Fans von Body-Modifications, die sich - freiwillig - operativ in beispielsweise Barbie oder einen Klingonen verwandeln lassen. In weniger krassen Fällen erhalten sie temporär durch subkutane Injektionen ihre Traumgestalt oder streben tatsächlich dauerhafte Veränderungen an, die mitunter durch die Schönheitsidealen anderer Kulturen inspiriert wurden (wie etwa den Dayak auf Borneo mit ihren zu ‚Haifischzähnen‘ gefeilten Zähnen, den ‚Langhalsfrauen‘ der Ndebele in Südafrika und Padaung in Thailand oder den Mursi-Frauen in Äthiopien mit ihren ‚Tellerlippen‘ und ‚Tellerohrläppchen‘).
Im von Adam Conners geschilderten Fall handelt es sich allerdings um eine Reihe von Straftaten: Sabine wird entführt, verkauft (Menschenhandel), ihrer Freiheit beraubt, misshandelt, gegen ihren Willen irreversibel in ein Pony-Girl verwandelt, wie ein Tier (unmenschlich) gehalten, sodass sie jegliche Hoffnung auf Gerechtigkeit und Rückkehr in ein normales Dasein aufgeben muss.
Sabine fügt sich in ihr Schicksal, denn ihr ist klar, dass sie nur überleben kann, wenn sie den Scheich zufriedenstellt, indem sie die Erwartungen erfüllt, die man in sie setzt. Dank ihrer Größe und besseren Kondition überflügelt sie rasch - und zu schön, um kein Märchen zu sein - die anderen Pony-Girls und die Stars der Wettbewerbe, sodass Scheich Rasul zu ihrem Prinzen aus „1001 Nacht“ wird. Sogar Gerechtigkeit widerfährt Sabine, die nun Leyla heißt, denn die Machenschaften von Karl und seiner Komplizin werden aufgedeckt.
Damit könnte das Buch aus sein, aber dann hätte es bloß hundert Seiten, und etwas mehr sollte den Lesern doch geboten werden. Da das Stockholm-Syndrom nicht völlig ausgereizt wurde, geht das Abenteuer sechzig Seiten weiter, die Leyla gut übersteht, weil sie nach wie vor gern ein Pony-Girl ist und die Einschränkungen des Tierseins zu genießen gelernt hat: keine gesellschaftlichen Verpflichtungen, dafür sportliches Auspowern, Sex mit ihren Trainerinnen und Freundinnen, der Siegerstolz.
Die Handlung spielt in Nahost, im fiktiven Emirat Biran (ein Emirat Beihan ging in der Republik Jemen auf). Kulturen, die ihre Frauen als minderwertig und als Besitz erachten und wegsperren, die nachweislich immer noch Menschen- und Sklavenhandel betreiben, traut man auch zu, dass sie ihre Opfer operativ in Ponys verwandeln und sie entsprechende Arbeiten ausführen lassen, als edles Rennpferd oder als abgehalftertes Arbeitstier auf dem Feld. Dass die Betroffenen wie hier positiv darauf ansprechen, erscheint bestenfalls wie Wunschdenken. Nicht jeder ist devot oder an Petplay interessiert, und der geschilderte Zwang ist so intensiv und die Modifikationen sind kaum rückgängig zu machen, sodass es für die Protagonistin keinen Weg zur Normalität mehr gibt, selbst wenn sie es wollte oder man es ihr erlaubte.
Das Buch ist grausam und faszinierend zugleich, da man sich, wenn man mit diesen Spielarten nichts am Hut hat, solch ein Szenario kaum auszumalen vermag und vermutlich auch solchen Extremen nichts abgewinnen kann. Wen hingegen Petplay reizt, dem dürften die Schilderungen neue Spiel-Möglichkeiten eröffnen, selbst wenn er nicht so weit gehen will.
Leider werden die Straftaten heruntergespielt, weil Sabine/Leyla dem, was ihr widerfuhr, Positives abgewinnen kann. Das Einbringen einer namenlosen deutschen Kanzlerin und ihrer Entourage, die die wirtschaftlichen Beziehungen zu einem Biran mit nun deutscher Herrscherin vertiefen will und sogar Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen, ohne mit der Wimper zu zucken, akzeptiert, ja, sogar eine bizarre Faszination empfindet, statt Sanktionen zu verhängen, möchte man unkommentiert einfach so stehen lassen, da jedes Wort dazu über das Ziel einer Rezension hinausginge.
Adam Conners schreibt flüssig, unterhaltsam und mitreißend. Das Lektorat hätte aufmerksamer sein dürfen, denn immer wieder sind Textpassagen versehentlich kursiv gedruckt, die Erzählperspektive wechselt ab und zu unvermittelt von einem Satz zum nächsten von der ersten (Sabine/Leyla) zur dritten Person, und auch sonst stolpert man über einzelne Tipp- und Kommafehler. In Relation zu der für einen Erotik-Roman sehr handlungsreichen Geschichte zwar alles vernachlässigbar, aber auch kleine Schönheitsfehler sollte man beheben.
„Abenteuer einer Sklavin“ ist ein ergreifendes Buch, mit einer der besten Titel bei Blue Panther Books, der viel Potenzial zum Nachdenken bietet, selbst wenn das nicht die Intention des Autors ist.