Brian Hodge: Ich hole dir die Vögel vom Himmel (Buch)

Brian Hodge
Ich hole dir die Vögel vom Himmel
(I‘ll Bring You the Birds from Out of the Sky, 2018)
Übersetzung: Heiner Eden
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2020, Hardcover, 124 Seiten, 16,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Die Appalachen sind eine Gegend, die verloren und vergessen scheint. Früher wurde hier Bergbau betrieben, man riss die malerischen Berge auf, um an das kostbare Erz zu kommen, schnitt Straßen in die Hügel und Wälder und verlegte Gleise. Einst, lange ist es her, hatten die Menschen hier eine Zukunft. Gläubig waren und sind sie, engstirnig und voller Vorurteile auch, wie der Galeriebesitzer Timothy erfahren muss.

Eines Tages betritt eine junge Frau vom Land seine Galerie und zeigt ihm ein kleines, auf Holz gemaltes Bild ihres Urgroßvaters. Sie berichtet, dass weitere über 70 Bilder zu Hause gelagert seien, Bilder, die eine eigentümliche Kraft ausstrahlen. Timothy besucht die abgelegene Gegend, sieht die sensationellen, verstörenden Bilder und erkennt, dass ein Teil des Meisterwerks, eines Triptychons, fehlt.

Die Urenkelin vermutet dass es die damalige Lebensgefährtin ihres Ur-Opas nach dessen Suizid mit über die Hügel nach Broadwater Hollow genommen hat. Also machen sie sich auf, den Hügel zu erklimmen und das von Menschen verlassene Örtchen nach dem Gemälde zu durchsuchen.

Dass sie bereits sehnsüchtig erwartet werden, zeigt sich erst später - dafür umso drastischer…


Brian Hodge legt hiermit einen Kurzroman vor, der mich zumindest sofort in seinen Bann zog.

Abseits der momentan so angesagten Wege in der Weird Fiction wandelt der Autor hier auf den Spuren eines Lovecraft, eines Machen oder Blackwood. Zwar ist die Handlung in der Jetztzeit angesiedelt, allein, der Plot würde genauso gut in der Vergangenheit funktionieren.

Ein Galerist macht sich auf die Suche nach einem faszinierend-morbiden Gemälde und stößt dabei auf ein altes Wesen - Übel trifft hier nicht unbedingt zu -, das ihn schon sehnsüchtig erwartet.

Der Autor geht, trotz der Kürze des Textes, seine Erzählung behutsam an. Zunächst ganz in der Wirklichkeit ruhend, berichtet er uns von dem Schicksal des abgelegenen Landstrichs und dessen Bewohner, stellt uns die drei handlungsrelevanten Figuren vor bevor er die unheimliche Bedrohung jenseits der Hügel aufbaut. Immer wieder lässt er dabei Zeitzeugen des Malers zu Wort kommen, die von dessen Merkwürdigkeiten berichten, so dass der Leser bald merkt, dass hier etwas Seltsames vorgeht. Das verlassene Städtchen selbst dient dann als Kulisse für die Offenbarung der Bedrohung.

Gruselig ist das Wort, das die Atmosphäre - einmal nicht nächtens sondern im hellen Tageslicht - umschreibt. Das Grauen offenbart sich dann im Finale, ohne dass der Autor hier wertet. Er präsentiert uns seine in sich logische Lösung, die die Handlung befriedigend abschließt.

So bietet sich der Band, den der Verlag durch eine besondere Gestaltung der Seiten (Umrahmung) und kleinen die Kapitel teilenden Vignetten ausgezeichnet hat, als atmosphärisch überzeugende Novelle an, die uns einmal nicht mit Blut, Gewalt oder Perversionen schockt sondern unterschwellig gruselt.