Mike Mignola und Christopher Golden: Baltimore oder Der Standhafte Zinnsoldat und der Vampir (Buch)

Mike Mignola und Christopher Golden
Baltimore oder Der Standhafte Zinnsoldat und der Vampir
(Baltimore, or, The Steadfast Tin Soldier and the Vampire, 2007)
Übersetzung: Christian Langenhagen
Titelbild und Illustrationen: Mike Mignola
Cross Cult, 2020, Taschenbuch, 358 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-966580-65-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Schon vor längerer Zeit sind die Comics von Mike Mignola erschienen, in denen er die Geschichte von Lord Baltimore weiter erzählte; das Abenteuer mit dem aber alles begann, fehlt bis heute, obwohl Christopher Golden diesen von Mignola selbst illustrierten Roman bereits im Jahr 2007 verfasst hat. „Baltimore oder Der Standhafte Zinnsoldat und der Vampir“ ist ab April 2020 endlich auf Deutsch erhältlich.


Lord Henry Baltimore kämpft auf den Schlachtfeldern Europas und glaubt, schon jedes Grauen gesehen zu haben; das ändert sich in einer Nacht im Herbst. Es kommt zu einem brutalen Gefecht, in dem er verletzt wird. Aber er überlebt, was nicht zuletzt an einem Monster liegt, das ihn verwandelt. Von nun an verschreibt sich der Engländer dem Kampf gegen das Böse in all seinen Formen.

Jahre später treffen sich drei seiner Freunde und Mitstreiter in einem einsamen Wirtshaus. Sie sind seiner Einladung gefolgt und vertreiben sich die Zeit bis zu seiner Ankunft, um sich Geschichten von ihren ersten Begegnungen und Kämpfen an seiner Seite zu erzählen. Doch nichts kann sie auf das vorbereiten, was sie noch erleben werden, denn auch ihr Freund wartet am Ende mit einer bösen Überraschung auf.


Kennt man die Comics hat, man die Vorgeschichte schon in den ein oder anderen Rückblenden erlebt; hier spielt dieselbe keine so extreme Rolle. Denn die Erzählungen der Männer - eines Schmugglers, eines Arztes und eines Mönchs - sind unabhängig voneinander und zunächst nur dazu da, um ein Mosaiksteinchen nach dem anderen zu der Geschichte des Lords hinzu zu fügen.

Dabei spielen die Macher gekonnt mit Mythen und Sagen, binden aber auch mehr oder weniger stark die düsterromantischen und weniger bekannten Märchen von Hans Christian Andersen mit ein. Auch der Titel deutet schon darauf hin, welches Motiv davon im Vordergrund steht.

Nach und nach entfaltet sich die Figur vor dem Leser: Aus dem desillusionierten und vom Krieg gezeichneten Soldaten und Offizier wird Schritt für Schritt ein Mann, der sich einem schier aussichtslosen Kampf gegen die Dunkelheit stellt und dabei lernt, all seine Gefühle zu verbannen außer einem.

Die Geschichte ist vielleicht literarisch nicht ganz so intensiv, bleibt aber durch die Bilder, die im Kopf entstehen, in Erinnerung und wirkt noch eine Weile nach. Gekonnt spielen Mignola und Golden mit bekannten Versatzstücken, zitieren nicht nur aus Werken der Schauer-Romantik, sondern binden auch die dunklen Zeiten im und kurz nach dem Ersten Weltkrieg mit ein. Hoffnungslosigkeit und Angst bestimmen das Leben der Menschen und nur selten gibt es einen Lichtschimmer, verkörpert durch den standhaften Kämpfer, der allerdings auch einen hohen Preis bezahlt hat.

Fans von Lovecraft und Poe oder anderer düsterromantischer Schauer-Geschichten werden jedenfalls ihren Spaß haben und die ambivalente Geschichte zu schätzen wissen, denn auch die Helden haben ihre Schattenseiten.

„Baltimore oder der Standhafte Zinnsoldat und der Vampir“ rund die Geschichte um den außergewöhnlichen Kämpfer gegen das Böse ab und verbindet Märchen, Mythen und Horror gekonnt mit den realen Schrecken einer düsteren Zeit. Gerade Fans dunkler Geschichten werden dies zu schätzen wissen.