Cedric Balmore: Rache aus dem Reich der Toten (Buch)

Cedric Balmore
Rache aus dem Reich der Toten
CassiopeiaPress, 2016, eBook, 2,99 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Ihm schien, als bewege sich das Mädchen unter Hypnose, ihre riesigen, dunkel anmutenden Augen waren blicklos ins Leere gerichtet. Auch die aufrechte, stolze und doch seltsam weltfremde Haltung der jungen, in ein bodenlanges, schulterfreies, einfarbiges Nachtgewand gehüllten Dame sprach dafür, dass sie entweder völlig geistesabwesend war oder unter einem inneren Zwang handelte.“

Nachdem ein erneuter Streit zwischen den Eheleuten Irma und Lester Wilson eskaliert ist, verlässt Lester bei einem ungeplanten Stopp auf freier Strecke den Zug, in dem das Paar gerade reist. Eine willkommene Gelegenheit für den Zugbegleiter Lionel Whitehead, seiner Wut freien Lauf zu lassen und das ehemalige Fotomodell Irma umzubringen. Als willkommenes Zufallsopfer soll sie für die Geringschätzung büßen, die Whitehead von seiner eigenen Familie erfährt.

In der Zwischenzeit erreicht Lester - zu Fuß und vom anhaltenden Regen durchnässt - das Herrenhaus Burleigh Mansion, wo er durch ein Fenster beobachtet, wie eine junge Frau eine Treppe hinuntergestoßen wird. Und doch öffnet ihm diese Frau kurz darauf die Tür, um ihn einzulassen.

„In der Mitte des mit dunkelblauer Seide tapezierten Raumes stand, von unzähligen Kränzen und Blumenarrangements umgeben, ein offener Sarg. Vier riesige, armdicke Kerzen, je zwei am Kopf und Fußende des mit weißer, geraffter Seide ausgeschlagenen Sarges sorgten mit hohen Flammen dafür, dass der fensterlose Raum von einem sanften, gelblichen Licht erhellt wurde. Der Sarg war leer.“


An sich passiert in dem Roman gar nicht viel, und es gibt auch keine klassische Spannungskurve, wie man sie von einem Horror-Roman erwarten würde. Eine greifbare Bedrohung ist für den sympathischen Ex-Rennfahrer Lester nicht auszumachen, außer dem Hausverwalter Bryan Collins, der eifersüchtig mit seinem Gewehr wedelt. Stattdessen lebt die Geschichte von wohlgebauten jungen Mädchen in bodenlangen Nachtgewändern, der (für den Leser) offensichtlichen Tatsache, dass auf Burleigh Mansion etwas Seltsames vor sich geht, und den gar nicht wenigen Überraschungsmomenten, mit denen dieser Grusel-Mix aufwartet. Denn „Rache aus dem Reich der Toten“ bietet eine irrwitzige Mischung aus Psychokiller-, Geistergrusel- und Mad-Scientist-Elementen, sodass der Roman die komplette Bandbreite von „Gaslicht“ bis Richard Laymon bedient.

Auch Lester wird sehr bald klar, dass auf dem Anwesen Irgendetwas im Gange ist, was sich mit rationalen Mitteln nicht erklären lässt. Zwischendurch wird er natürlich noch zum Hauptverdächtigen am Tod seiner Ehefrau und hat damit den ermittelnden Beamten an den Hacken, und die Reize der schönen Adelstochter lassen den Helden natürlich auch nicht kalt.

In der Theorie müsste dieses Durcheinander voll an die Wand fahren, sodass man Cedric Balmore schon ein gehöriges Geschick unterstellen muss, dies alles so nassforsch und kurzweilig zusammen zu kleistern, dass der Roman am Ende irgendwie doch gut funktioniert und für Liebhaber des Romanheft-Grusels ein kultiges Vergnügen bietet. Vor allem klappt das, weil der Autor gar nicht so sehr auf einzelnen Szenen herumreitet und sie damit unfreiwillig einer Belastungsprobe unterzieht. Freilich sollte man nicht zu intensiv über die Story nachdenken, die schwungvoll mal in diese, mal in jene Richtung geht.

Erstmals erschienen ist der Roman bereits 1978 als „Vampir Horror Roman“ Band 246 mit dem Titel „Die Toten lassen bitten“.

„Rache aus dem Reich der Toten“ ist ein irrer Genre-Mix und ein großartiges ‚Guilty Pleasure‘ für den geneigten Pulp-Fan.