Linda May: Sophie - Ein süßes Biest (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 16. Februar 2020 10:25

Linda May
Sophie - Ein süßes Biest
Blue Panther Books, 2019, Taschenbuc, 184 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-96477-208-4 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Über die Autorin, die unter dem Pseudonym Linda May den Zweiteiler „Marie - Assistentin der Lust“ und „Stella - Hart & Zart“ sowie die Kurzgeschichtensammlung „Acht erotische Geschichten mitten aus dem Leben“ verfasst hat, liegen keine weiteren Informationen vor. Auf der Verlagsseite von Blue Panther Books erfährt man lediglich, dass es ihr ein Anliegen ist, gefühlvolle erotische Romane zu schreiben, in denen die Emotionen und das Miteinander der Protagonisten ebenso wichtig sind wie der explizite Sex. Dieser findet nur zwischen Frauen und Männern und zwischen Frauen statt, auch wenn sich Paare zusammentun. Sehr gern thematisiert sie BDSM-Spiele.
In ihrem neuesten Roman, „Sophie - Ein süßes Biest“, schildert Linda May, wie sich Mats, 40, frisch geschieden, und Sophie, 35, Single, in einem Restaurant begegnen, von Tisch zu Tisch ins Gespräch kommen, sich sympathisch finden und verabreden. Allerdings legt Sophie die Regeln fest: Sie entscheidet, wann, wo und unter welchen Bedingungen sie sich treffen. Die fortwährende Ungewissheit und ihre dominante Art, ihn zu stimulieren, machen Mats unheimlich heiß.
Doch erst muss er sich einige Spiele, auch mit einer anderen Frau, gefallen lassen, bevor er bekommt, wonach er sich am meisten sehnt, nämlich mit Sophie zu schlafen. Von da an sind sie ein Paar, das eine offene Beziehung führt. Beide sprechen über ihre Wünsche, wobei sie zwischen Liebe und Sex unterscheiden. Infolgedessen suchen sie über eine Dating-Plattform nach einem gleichgesinnten Paar, das sie mit Lara und Ben finden.
Alle vier buchen ein exklusives Erotik-Wochenende in einem entsprechend eingerichteten Schloss, wo sie sich sogleich mit Diane und Leon anfreunden und zwei Nächte lang hemmungslosen Sex in einem Playroom genießen; Partnertausch, Fessel- und Unterwerfungsspiele inklusive. Die Frauen beanspruchen die Führungsrollen und bereiten sich und den devoten Männern große Lust.
Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Sicht von Mats geschildert und wechselt nur für wenige Kapitel zu Sophie, wenn sie ihre Erlebnisse beschreibt.
Auf den ersten Seiten kann man Mats durchaus für eine Erzählerin halten, weil es vom Verhalten, Denken und Reden keine Unterschiede zwischen den weiblichen und männlichen Protagonisten gibt (zumal Ben und Leon blass bleiben und kaum Dialoganteile haben). Außerdem verbindet alle ein Fetisch für Nylons (halterlos, Strumpfband, Strapse, Strumpfhosen) und High Heels, wobei Mats sich auf diesem Gebiet bestens auskennt, was Modelle, Farben, Blickdichte und überhaupt ein perfektes Outfit angeht - welcher Mann könnte so etwas von sich behaupten, wenn schon viele Frauen davon kaum eine Ahnung und erst recht nicht das Geld dafür haben? Erst als er sich mit seinem Namen vorstellt, wird deutlich, dass hier nicht Lesben unter sich sind, sondern hetero- und bisexuelle (nur Frauen) Personen agieren.
Mats berichtet in sehnsuchtsvoll-bewunderndem Ton von Sophie, die ihn immer wieder zu überraschen weiß und seine Wünsche sogar besser zu kennen scheint als er selbst. Obwohl beide keine Herrin-Sklave-Beziehung anstreben und sich über ihre Grenzen einig sind, haben sie viel Spaß an den Dominanz-Spielen, bei denen hier - obwohl es statistisch eher umgekehrt ist - die Frauen den Ton angeben und mit der Zeit die Härte der Spiele steigern, von Krawatten-Bondage zu Fesseln, von leichten Ohrfeigen zu Spanking mit Paddel und Peitsche, von Anal-Plugs zu anschnallbaren Dildos. Ben und Leon werden noch weniger aktiv als Mats und dienen eigentlich nur dazu, die Paarbindung abzusichern, sodass die Frauen letztendlich stets zu ihren Partnern zurückkehren. Ähnliche Spiele zwischen den Männern klammert die Autorin völlig aus.
Die Offenheit der Paare, die Rücksichtnahme, das regelmäßige Überprüfen, ob alles in Ordnung ist und sich keiner zu etwas genötigt fühlt, was er nicht will, nur um den anderen nicht das Vergnügen zu verderben, lesen sich sehr angenehm. Auch die Wortwahl ist nicht so derb wie in vielen anderen Büchern. Damit dürfte der Titel bei einem Publikum punkten, das es nicht so drastisch mag und das Zwischenmenschliche berücksichtigt sehen möchte.
Da „Sophie - Ein süßes Biest“ als Erotik-Roman auch zur Fluchtliteratur zählt (die Leserschaft möchte den Alltag hinter sich lassen und in etwas Aufregendes eintauchen, selbst wenn nicht das Bedürfnis besteht, das Geschilderte auszuprobieren), sind die Charaktere ausnahmslos jung, attraktiv, unabhängig und finanziell bestens abgesichert. Wenn es um schöne Dessous, Sex-Toys und erotische (Swinger-) Events geht, spielt Geld für sie keine Rolle. Nun, wer möchte auch schon über Sex zwischen faltigen Omas und Opas in Doppelripp lesen?
Was hingegen stört und wo das Lektorat mehr Sorgfalt hätte walten lassen müssen, sind die vielen Dialoge, die gegrinst und gelacht werden. Schon die Wiederholungsrate von „grinste sie“, „lachte sie“, „säuselte sie“ ist immens. Ausdrücke wie ‚sagte sie mit einem maliziösen Lächeln‘, ‚erwiderte sie verschmitzt‘, ‚wisperte sie verschwörerisch‘, ‚schmeichelte sie mit verführerischem Augenaufschlag‘ ooder ähnliches sucht man vergeblich, was sehr schade ist, da durch semantische Vielfalt nicht nur der Lesespaß erhöht wird, sondern auch Emotionen leichter ausgedrückt werden können. Außerdem wirkt es sehr unpassend, wenn die strenge Domina die ganze Zeit grinst und lacht.
„Sophie - Ein süßes Biest“ ist an sich eine abwechslungsreiche, kurzweilig zu lesende Lektüre für Erotik-Fans, die auf BDSM neugierig sind, es aber bei der Wortwahl beziehungsweise den Beschreibungen nicht übertrieben hart und deftig mögen, dafür lieber das Zwischenmenschliche mit einbeziehen. Hätte das Lektorat mehr auf die stilistischen/semantischen Schnitzer geachtet, wäre ein Pluspunkt mehr drin gewesen.
Auch in diesem Band ist ein Gutscheincode enthalten, über den man Linda Mays Kurzgeschichte „PeitschenSpiel“ kostenlos auf der Homepage von Blue Panther Books abrufen kann