Andre Lux: Lars der Agenturdepp (Comic)

Andre Lux
Lars der Agenturdepp
Cross Cult, 2019, Hardcover, 120 Seiten, 20,00 EUR, ISBN 978-3-96658-046-5

Rezension von Christel Scheja

Ab und an wagt Cross Cult auch Experimente und gibt deutschen Comic-Zeichnern eine Chance, die vielleicht nicht gerade den Mainstream bedienen aber mit zielsicherer Feder Geschichten erzählen, die die Realität auf den Punkt treffen und persiflieren, so wie Andre Lux mit seinen minimalistischen Strichfigurenzeichnungen. In „Lars der Agenturdepp“ nimmt er eine Branche ins Visier, die als besonders hipp und innovativ gilt.


Lars arbeitet in einer Agentur. Er ist dort mehr oder weniger Mädchen für alles und wie seine Kollegen ein Arbeitstier, das sich auch schon mal Nächte um die Ohren schlägt. Aber in seinem Inneren sieht es anders aus, denn wirklich Spaß hat er schon lange nicht mehr, hält sich oft nur mit Kaffee wach und fühlt sich immer mehr von seinen selbstsüchtigen Kollegen, den nervigen Kunden und fordernden Chefs angeödet. Durchhalten ist die Devise, der Wunsch nach einem Sinn im Leben ist erst mal zurückgestellt. Oder?

 

Die Geschichte fängt in erschreckender Weise den Alltag in einer Agentur ein, aber man kann den Wahnsinn auch in den Firmen wiederfinden, die eine enge Kundenbindung haben und in denen alles deren Wünschen untergeordnet ist. Weil es zudem so innovativ ist und zum heutigen effektiven Arbeiten dazu gehört, springt man von einem Meeting zum anderen und arbeitet auch, wenn andere schon längst Feierabend haben, damit der Kunde seinen Auftrag zum gewünschten Zeitpunkt bekommt.

Der Einzelne bleibt dabei auf der Strecke. Viele finden sich damit ab und werden mehr oder weniger zu Zombies, die stur ihren Weg gehen und Team-Arbeit nur so weit erledigen, wie es sein muss (oder sie Arbeit delegieren können).

Lars und später auch eine junge Kollegin, die quasi sein jüngeres Ich widerspiegelt, können nicht wirklich damit leben. Die Hektik und der Stress, die Forderungen von allen Seiten, das Hinterherrennen um von den Kollegen zu bekommen, was man braucht, das ist alles sehr schön in Szene gesetzt.

Der Strichmännchen-Stil von Andre Lux hilft sehr gut dabei, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, vor allem auf den Zynismus mit dem der Künstler wohl auch etwas erzählt, was er selbst nur zu genau kennt. Die Geschichte ist nah an der Realität, und auch wenn ein paar Dinge verallgemeinert und vereinfacht werden, so kann man sich doch schnell in der Handlung wiederfinden und dieser zustimmen - egal ob im kreativen oder kaufmännischen Bereich.

Vermutlich ist „Lars der Agenturdepp“ nicht jedermanns Sache, aber gerade Leser, die schon einmal einen ähnlichen Job hatten, werden sich sehr gut mit der Figur und dem alltäglichen Wahnsinn, mit dem sie sich herumschlagen muss, identifizieren können.