Spider-Man 4 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 13. Dezember 2019 20:29
Spider-Man 4
(Amazing Spider-Man (2018) Annual 1 + Amazing Spider-Man (2018) 6, 2018)
Autoren: Saladin Ahmed, Nick Spencer
Titelbild: ACO
Zeichungen: Garry Brown, Lee Loughridge, Humberto Ramos u.a.
Panini, 2019, Heft, 60 Seiten, 5,99 EUR
Rezension von Irene Salzmann
„Die ganze Wahrheit über Spideys schwarzes Kostüm!“ steht plakativ auf dem Cover von „Spider-Man“ 4, das zugleich einen „Neustart“ verkündet und erklärt, „die echten Helden sind zurück!“. Nun, wenn man es genau nimmt, hat das eine nichts mit dem anderen zu tun.
Das Heft bietet zwei Storys ohne Zusammenhang. Die eine erzählt das persönlich Drama von Peter Parker nach, als besagtes Kostüm von seinem Körper Besitz ergriff - eine Geschichte aus den 80er Jahren, die immer wieder aufgegriffen wird, sobald der Symbiont einen neuen Träger findet (Venom). Die andere Erzählung ist Teil einer laufenden Handlung, in der an alte, erfolgreiche Handlungsstränge und Figurenkonstellationen angeknüpft wird, so dass unter anderem Peter und Mary Jane Watson wieder ein Paar sind.
Treue Fans erinnern sich, dass Peters ursprüngliches Kostüm auf dem Planeten des Beyonders zerstört wurde und er von dort mit einem schwarzen Outfit zurückkehrte. Das vielseitige Kleidungsstück erwies sich als ausgesprochen nützlich, und Peter hätte niemals vermutet, dass es für seine fortwährende Erschöpfung verantwortlich ist, die ihn unzuverlässig werden lässt und ihm jede Menge privaten Ärger einbrockt. Er weiß nicht, dass das Kostüm mit seinem schlafenden Körper auf Verbrecherjagd geht und glaubt, im Sinne seines Trägers zu handeln, wenn es hart durchgreift. Erst Reed Richards erkennt, dass es sich um einen Symbiont handelt, den er mit Hilfe einer Schallwaffe von Peter trennt.
Die vorliegende Story erzählt nichts Neues und fasst lediglich die Handlung, die über mehrere Bände lief und alle „Spider-Man“-Serien beeinflusste, aus der Sicht des Symbionten zusammen. Statt der Originalzeichner lieferten Garry Brown und Lee Loughridge die Illustrationen und Farben. Man meint, die Künstler haben sich an den Vorlagen von einst orientiert und eine Hommage geschaffen, denn einige Motive wirken äußerst vertraut (nur, wer gräbt einige hundert Comic-Hefte um, bloß um das zu überprüfen?). Sicher ist, dass die Handlung damals optisch ansprechender umgesetzt wurde. Garry Browns Figuren wirken sehr kantig, statisch, oftmals falsch proportioniert und wie schnell auf Papier skizziert. Den Vergleich mit den Zeichnungen von vor über dreißig Jahren halten seine nicht stand.
Peter wohnt in einer WG zusammen mit Randy Robertson, dem Sohn des ‚Daily Bugle‘-Chefredakteurs, und Fred Myers, dem Superschurken Boomerang, der nach seiner Rolle im Widerstand gegen die Organisation Hydra, welche die Macht über die USA an sich gerissen hatte, amnestiert wurde. Fred gibt sich nett und leutselig, aber Peter kann ihm nicht vertrauen. Er ist davon überzeugt, dass der Gauner wieder rückfällig wird, sofern das Ganze nicht ohnehin ein abgekartetes Spiel ist. Es dauert nicht lange, bis Peter wegen und mit Fred in der Bredouille landet, denn dieser hat sich mit Wilson Fisk alias Kingpin, dem neuen Bürgermeister von New York, angelegt.
Wenn man die Vorgeschichte nicht verfolgt hat, steht man etwas im Regen ob dieser neuen Entwicklung, doch findet man sich schnell in die Geschehnisse ein, die Boomerang in einer dubiosen Rolle zeigen, scheinbar bemüht, nun ein Guter zu sein, doch immer noch in Verbindung mit anderen Schurken stehend, misstrauisch beobachtet von Spider-Man. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass ein Gauner die Seiten wechselt und dann doch wieder in alte Muster verfällt (Sandman, Black Cat etc.). Will man mehr erfahren, muss man schon die nächsten Bände kaufen. Die Zeichnungen sind cartoonhaft und eher Geschmackssache.
„Spider-Man“ 4 ist, auch wenn mal wieder mit einem „Neustart“ geworben wird, kein Comic für Einsteiger und Gelegenheitsleser. Zwar ist die Story um das schwarze Kostüm in sich abgeschlossen, doch können ihr eigentlich nur Neulinge etwas abgewinnen, die jene Ära nicht kennen. Die zweite Geschichte setzt voraus, dass man mit dem bisherigen Geschehen vertraut ist, und endet mit einem Cliffhanger, um das Publikum bei der Stange zu halten.
Zeichnerisch überzeugt keiner der Beiträge. Es müsste schon etwas mehr geboten werden als der Griff in die Kiste mit bewährten und beliebten Protagonisten und Konflikten, damit der Funke überspringt.