Richard Schwartz: Die Starfarer-Verschwörung - Die Sax-Chroniken 1 (Buch)

Richard Schwartz
Die Starfarer-Verschwörung
Die Sax-Chroniken 1
Titelbild: Uwe Jarling
Piper, 2019, Paperback, 528 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 978-3-492-70368-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Vor langer, langer Zeit hat sich die Menschheit ausgehend vom Ursprungsplaneten, der Erde; im All verbreitet, hat Kolonien gegründet und die Technologie vorangetrieben. Lange ist es her, so lange, dass man inzwischen Vieles vergessen hat. Technische Errungenschaften der Hegemonie gingen verloren, der Lebensstandard fiel rapide, die Kolonialplaneten schafften die Demokratie ab, Diktaturen sprossen aus dem Boden wie Unkraut. Das Direktorat hat nach drei verheerenden Luftbombardements die Herrschaft über Eltyr, einen von neun Stadtstaaten auf Karstein, an sich gerissen.

In dieser Welt wuchs sie auf. Sax, eine mittlerweile 19jährige Frau, die sich zusammen mit ihrem Vormund spezialisiert hatte; sie waren das beste Duo, das die bekannte Welt je gesehen hat - zumindest wenn es darum ging, Leute, die es verdienten, über den Tisch zu ziehen. Doch dann wird ihr Mentor ermordet, Sax landet auf der Straße.

Als sie eines Tages einem Baron seine Brieftasche stehlen will, erweist sich das als keine wirklich gute Idee. Gerade als sie unbemerkt zugreift, wird der Adelige erschossen, kurz darauf explodieren Plasmagranaten. Da will jemand ganz sicher gehen, dass der Betuchte auch wirklich tot ist. Sax gelingt es in buchstäblich letzter Sekunde, sich verletzt in den Untergrund zu retten. Dann schlägt des Schicksal erneut zu, durch einen Riss rutscht sie in eine seit 300 Jahren hermetisch von der Oberwelt abgeschlossen Höhle. In dieser ist ein alter Straßenzug komplett mit Museen und Luxusboutiquen erhalten geblieben. Damit nicht genug, findet sie einen voll funktionsfähigen Gleiter der Hegemonie. Sie weiß, wenn irgendjemand von ihrem sensationellen Fund erfährt, ist sie tot.

Dass sie in der Folge auf einen der sieben jemals gezüchteten Nimplants Computer stößt und sich dieser parallel zu ihrem Nervensystem ansiedelt, kommt dagegen gut, wird sie in der Folgezeit doch zum gejagten Wild und Spielball verschiedenster Machtgruppen.

Dabei kommt sie einer Jahrhunderte währenden, galaktischen Verschwörung auf die Spur, findet ihre Familie, schafft sich Freunde, Verbündete und jede Menge Feinde und kann nur mehr als mühsam überleben. Doch was wäre das Leben ohne ein wenig Nervenkitzel - öd und leer…


Wenn sich ein gefeierter Fantasy-Autor anschickt, das Genre zu wechseln, dann ist der geneigte Leser zunächst skeptisch. Schuster, bleib bei deinen Leisten, heißt es in einem der guten, alten Sprichwörter so treffend. Und, auch wenn der magischen Realist und phantastische Historiker Kai Meyer mit seinem Space-Opera-Ausflug zur „Krone der Sterne“ bewiesen hat, dass ein solcher Genre-Wechsel durchaus Lesbares zustande bringt, geht der Fan zunächst einmal mit ein wenig Skepsis an die Lektüre.

Um das vorweg zu nehmen: Was uns Richard Schwartz hier anbietet, ist Trash. Da gibt es Sklaverei - durch auf den Halter konditionierte Klone -, er kommen Ninjas mit Schwertern, Cyborgs und fiese Geheimdienstler ebenso vor, wie Betrüger, Diebe und Mörder - von den staatlich beauftragten Geheimdienstlern und Attentätern mal ganz zu schweigen. Mehr noch, Schwartz häuft Geheimnisse auf Mysterien, spielt geradezu virtuos auf der Klaviatur bekannter Stereotypen, es regiert Kollege Zufall und man wird an unzählige Vorbilder erinnert. Aber, und das ist ein wirklich großes Aber, was ist das doch für ein geiler Trash, den uns Richard Schwartz hier offeriert!

Auch wenn alles an den Haaren herbeigezogen ist, die Figuren oft platte Persiflagen bekannter Stereotypen sind, wenn die Logik Kapriolen schlägt, das Ganze liest sich einfach unglaublich packend und spannend. Man will wissen, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt, wie unsere Ich-Erzählerin ihren Kopf jetzt wieder aus der eigentlich absolut tödlichen Schlingen ziehen wird.

Schwartz hat mit seinen Fantasy-Epen bewiesen, dass er ein begnadeter Erzähler ist. Vorliegen sattelt er einen drauf. Mit merklicher Freude am Plot, berichtet er uns von seiner Heldin, stapelt dabei einen Cliffhanger auf den nächsten, würzt das Ganze mit jeder Menge skurrilen Reminiszenzen an Genre-Filme und überrascht seine Leser ein ums andere Mal mit so nicht vorhersehbaren Lösungen eigentlich aussichtsloser Situationen. Man merkt dem Text an, mit wie viel Freude, ja Begeisterung der Autor vor seiner Tastatur saß.

Dass der Roman - natürlich - an einer Stelle abbricht, die uns nägelkauend zurücklässt, war zu erwarten. Auf wieviele Bände die Reihe ausgelegt ist, wagt uns der Verlag noch nicht mitzuteilen. Auf jeden Fall wird die Zeit bis zur Fortsetzung lang werden.