Katharina Herzog: Faye - Herz aus Licht und Lava (Buch)

Katharina Herzog
Faye - Herz aus Licht und Lava
Loewe, 2019, Hardcover, 400 Seiten, 18,95 EUR, ISBN 978-3-7432-0191-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Nach einer ‚Umweltschutz-Eskapade‘, die mit dem Besuch der Polizei bei ihr daheim endete, darf Faye die Ferien nicht länger selbst gestalten, sondern muss mit ihrer Mutter in die isländische Ödnis fliegen. Dort fühlt sie sich verlassen und abgeschoben, denn die Mutter geht ihrer Arbeit nach und will ein Hotel-Projekt realisieren, das die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt, nicht bloß weil viel Natur vernichtet wird, sondern auch ein ganz besonderer uralter Holunderstrauch, der angeblich die seit einer Weile verschlossene Pforte zur Elfenwelt darstellt.

Faye sympathisiert schon sehr bald mit den Gegnern des Projekts. Zum einen liebt sie die Natur und möchte nach dem Abitur Biologie studieren, zum anderen spürt sie die Magie Islands auch in sich, und möchte sie erhalten. Doch wem kann sie vertrauen? Ihrem kleinen Schutzriesen Gunther, der immer verschwindet, wenn sie Fragen stellt? Dem undurchschaubaren, aber attraktiven Aron, dessen dubioser Onkel der Auftraggeber von Fayes Mutter ist? Den Dorfbewohnern, von denen einige womöglich Elfen sind?

Viel Zeit zum Nachforschen und Überlegen bleibt Faye nicht, denn Samhaim naht - und der Holunder soll genau dann gefällt werden, auf dass sich die Dunkelheit über die ganze Erde verbreite. Obwohl das Mädchen skeptisch ist, vertraut sie ihrem Gefühl, dass die Folgen verheerend sein werden, wenn es den Baum nicht mehr gibt. Aber was kann sie tun? Wie soll sie das Herz des Holunders finden, das zurückgebracht werden muss, um das Unheil zu verhindern?


Island: ein Inselstaat, dessen Sagen noch sehr lebendig sind, denn er leistet sich eine Feenbeauftragte, welche die Sorgen der Bürger ernst nimmt, die den Zorn jener Wesen fürchten, sollten diese sich missachtet fühlen. Allein schon dieser Umstand macht Island zu einer geeigneten Kulisse für einen Urban-Fantasy-Roman, möchte man Fabelwesen und Magie lebendig werden lassen.

Katharina Herzog, die vor Ort recherchierte, verknüpft dieses Thema medienwirksam mit dem modischen Klima-Hype, jedoch ohne der ‚heiligen Greta‘ (Thunberg) zu huldigen, weil die Gefahr zu groß ist, dass dieses Spektakel vielleicht eines Tages seinen Kult-Nimbus verlieren könnte, wenn erst einmal die möglicherweise dahintersteckenden Strukturen aufgedeckt werden. Stattdessen greift die Autorin lieber auf den ‚Johannes‘ (Felix Finkbeiner) zurück, der bereits 2013 jeden Tag einen Baum pflanzen und andere zum Mitmachen animieren wollte.

Infolgedessen begrünen Faye und ihre Kameraden öde Flächen (wie der Rentner, der in Halberstadt Blumen pflanzte und dafür eine Ordnungswidrigkeitsstrafe erhielt, und die AfD-Politiker, die in der Stadt Magdeburg zwei gefällte Bäume durch junge Linden ersetzten - nachdem die Grünen lediglich ein Schild, dass hier zwei Bäume standen, aufstellten -, welche nun entfernt werden müssen, weil offenbar die ‚falsche Partei‘ sich aktiv um den Naturschutz kümmerte). Nebenbei setzen die jungen Leute vor einer Münchner Polizeidienststelle Hanfpflanzen in einen Kübel, was die Öko-Aktivisten besonders witzig finden.

Während sich der Rädelsführer vom Acker macht, hat Faye erst die Polizei am Hals, die im Gewächshaus Schlafmohn findet, und dann noch die Mutter, die den Umgang mit dem ‚sauberen Herrn Öko-Studenten‘ unterbinden will. So landet Faye im langweiligen Island unter lauter komischen Leuten, ist sich dort weitgehend selbst überlassen und bekommt gegen ihren Willen den undurschaubaren Aron, der ihr mit Zuckerbrot und Peitsche begegnet, nicht aus dem Kopf.

Schnell erliegt Faye der Faszination des Landes und seiner Magie. Sie folgt mehr als nur ihrem Bauchgefühl, als sie sich entschließt, den sterbenden Holunder zu retten und einige Anwohner damit zu konfrontieren, dass sie weiß, dass die Nachbarn Elfen sind. Man begegnet ihr jedoch mit Misstrauen, und sie selbst kann sich auch nicht sicher sein, jedem glauben zu können, der vorgibt, ihren Plan zu unterstützen - und prompt gibt es eine große Enttäuschung und danach ein tiefes Loch, in das Faye zunächst fällt.

Der Prolog gibt die Richtung vor, das Buch ist an sagen- und naturbegeisterte romantische Leserinnen adressiert, und so ahnt man, dass die Geschichte kein so schlimmes Ende nimmt, wie es stellenweise den Anschein haben mag. Tatsächlich liegt der Titel voll im Trend der Zeit, erfüllt die Bedürfnisse der Zielgruppe bestens und lässt dem ambitionierten Publikum doch noch etwas Freiraum, um zu überlegen, welche Aktionen unterstützungswert sind beziehungsweise wann man falschen Götzen huldigt. Leider geht gerade dieser wesentliche Aspekt in der romantischen Spannungshandlung ziemlich unter.

„Faye - Herz aus Licht und Lava“ ist ein flottes Jugendbuch, das Fantasy, Romantik und Umweltthemen verknüpft - nebenbei für die Schönheit Islands wirbt -, aber die Message des kritischen Hinterfragens von medienwirksamen und egozentrischen Aktionen im Hintergrund belässt.