Doris E. M. Bulenda: Höllentrip mit Luzifer (Buch)

Doris E. M. Bulenda
Höllentrip mit Luzifer
Schwarzer Drachen Verlag, 2017, Paperback, 306 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-940443-67-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Michelle ist mit ihrem Kater Ingwer, einem Streuner, den sie einst verletzt aufgelesen hatte, seit Jahren auf der Flucht vor ihrem Stalker Alfons. Wohin sie auch gezogen ist, wie sehr sie sich äußerlich verändert hat, selbst wenn sie Polizei und Anwälte eingeschaltet hat - früher oder später tauchte er an ihrem Arbeitsplatz, vor und sogar in ihrer Wohnung auf. Schien er sie anfangs zu verfolgen, um eine rein freundschaftliche Beziehung zu erzwingen, so wurden seine Auftritte mit der Zeit drastischer und bedrohlicher.

So auch jetzt. Michelle hat Angst, ist verzweifelt und mit den Nerven völlig fertig. Selbst zum erneuten Davonlaufen fehlt ihr die Kraft, da sie weiß, dass er sie wieder und wieder finden wird, bis er… was mit ihr anstellt? Zu ihrer Überraschung hört sie plötzlich Ingwers Stimme in ihrem Kopf. Der Kater rät ihr, ihre Großmutter, eine Hexe, aufzusuchen, die als einzige wisse, wie Michelle den Stalker loswerden könne.
 
Allerdings konnten sich die beiden Frauen nie leiden - warum sollte die Alte ihr nun helfen, ganz abgesehen davon, dass sie schon lange tot ist? Aber wer eine Hexen-Oma, einen sprechenden Kater und einen unheimlichen Verfolger hat, greift nach jedem sich bietenden Strohhalm; den einzigen, in diesem Fall.

Infolgedessen fährt Michelle in das Hinterwäldlerkaff, in dem die Großmutter geboren und begraben wurde, und bekommt tatsächlich, wenn auch widerwillig und unter unflätigen Beschimpfungen, den Hinweis auf ein Versteck, in dem sie alles vorfindet, was sie benötigt, um in die Hölle zu gelangen, wo sie sich einen Teufel oder Dämon als Beschützer suchen muss.

Der Zauber gelingt tatsächlich, und Michelle findet sich nebst Ingwer, der sich als riesiger Höllenkater Luzifer vorstellt, in einer von vielen Höllen wieder. Der Ort ist gar nicht so schlimm, wie sie ihn sich immer vorgestellt hatte, stellenweise sogar angenehm, aber es lauern so manche Gefahren, die sie nur überlebt dank ihres neuen, starken Körpers, Luzifers Unterstützung und der Hilfe eines neuen Freundes, den die beiden aus einer üblen Lage befreien konnten.


Das ist ziemlich genau der Inhalt des ersten Drittels des Buchs, in dem Hauptfigur Michelle aus ihrer Perspektive schildert, was sie zum „Höllentrip mit Luzifer“ veranlasst hat. Mit dem Übertritt in die Hölle beginnt das eigentliche Abenteuer in einer teils fremden, teils vertraut wirkenden Welt, an deren Begebenheiten sich die Protagonistin schnell gewöhnt, zum einen weil sie mit Luzifer einen aufmerksamen Führer und durch ihre ständige Flucht vor Alfons einige Erfahrungen zu sammeln vermochte, wie man an unbekannten Orten durchkommt.

Schon bald stößt ein kleiner Mann zu ihnen, den Luzifer als eine Mischung aus Mensch und Dämon erkennt. Allerdings hat der neue Freund keine Ahnung, wer respektive was er ist und warum er als Ghul-Köder benutzt wurde. Er schließt sich den beiden an und bekundet sehr schnell seine Zuneigung für Michelle, die jedoch erst einmal spröde bleibt. Hin und wieder überrascht der Namenlose durch Kenntnisse über die Hölle und große Tapferkeit, wenn die kleine Gruppe angegriffen wird. Und auch Michelle lernt nach und nach, sich zu verteidigen, statt stets davonzulaufen.

Es gibt jedoch nicht nur fiese Monster, die Höllenkatzen gut schmecken, sondern auch einige Helfer auf dem Weg, und selbst Satan ist gar nicht übel. Das große Problem bleibt Alfons, der Michelle sogar in die Hölle folgen will. Inzwischen ist er so mächtig, dass die drei, von denen jeder auf seine ganz eigene Weise mit ihm verbunden ist, einen klugen Plan brauchen, wie sie ihn unschädlich machen können.

Doris E. M. Bulenda liefert mit dem vorliegenden Roman eine Mischung aus Horror und Urban Fantasy, die mit ein wenig Erotik gewürzt ist und vor allem auf Humor setzt. Dadurch sowie durch die ausführlichen Beschreibungen, wie sich Michelle, Luzifer, der Mensch-Dämon und andere Nahrung beschaffen - hier schlagen sich die Erfahrungen der ‚rucksackreisenden‘ und sich vegetarisch ernährenden Autorin nieder -, bremsen regelmäßig die Handlung zwischen den Kämpfen und nehmen leider auch ein wenig von der Spannung.

Allerdings hat man den Eindruck, dass der Fokus bewusst nicht auf eine Aneinanderreihung blutiger Auseinandersetzungen gelegt wurde. Weit mehr im Mittelpunkt steht die Entdeckung eines Ortes, über den man viel gehört hat, so dass sich Vorurteile aufbauen konnten, die schnell beseitigt sind, sobald man sich selbst einen Eindruck verschafft hat.

Auch die Höllenwesen erweisen sich als nicht wirklich böse, da sie lediglich ihrer Natur folgen, oder sind hilfsbereit wie Luzifers Familie. Selbst die gefährlicheren Kreaturen lassen sich austricksen, weil sie instinktgetrieben oder/und dumm sind, so dass mancher Kampf vermieden werden kann oder für alle Beteiligte glimpflich ausgeht.

Damit rückt der Witz in den Vordergrund, der sich aus Situationskomik, entsprechenden Kommentaren und dem Erzählstil ergibt. Michelle redet unkonventionell und ‚frei Schnauze‘. Der Leser fühlt sich dadurch angesprochen und auf die Reise mitgenommen.

Am Ende erweist sich, dass jedes kleine Detail, einschließlich der sorgfältigen Zusammenstellung von Michelles Survival-Kit, geplant und wichtig war für die Lösung des Alfons-Problems. Es ergibt sich ein runder Schluss, der keine Fragen offen lässt.

„Höllentrip mit Luzifer“ ist im Taschenbuch-Format erschienen. Die Qualität ist sehr gut - auch nach der Lektüre sieht der Roman aus wie neu. Das Layout ist großzügig, die Schrifttype augenfreundlich. Das Lektorat hätte ein wenig aufmerksamer sein dürfen, da hin und wieder ein Wort doppelt im Satz steht und ähnliches. Das Cover passt zum Inhalt, wenngleich die Mischung aus Foto (Michelle im Dämonenkörper) und ‚Comic-Figur‘ (Luzifer, der hier jedoch wie ein Löwe und nicht wie ein Tiger aussieht) nicht harmoniert.

„Höllentrip mit Luzifer“ ist eine leichte, unterhaltsame Lektüre, die dem Leser unaufdringlich mitgibt, dass nicht alles so sein muss, wie es auf den ersten Blick hin scheint oder von anderen behauptet wird, und dass sich viele Probleme schneller lösen lassen, wenn man sich ihnen frühzeitig stellt, am besten gemeinsam mit zuverlässigen Freunden, statt zu warten, bis die Lage eskaliert.