Enrique Cuentame: VollLust (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 24. Mai 2019 12:16

Enrique Cuentame
VollLust
Blue Panther Books, 2019, Taschenbuch, 208 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-86277-427-2 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Elmar Huber
„Die Unbekannte grinste mich verstohlen an. Ich stand völlig auf dem Schlauch und hob die Tischdecke leicht an. In dem Moment schob sich ein mit Netzstrümpfen bekleideter Fuß an meinem Knie vorbei, drückte meine Beine auseinander und tippte ganz sanft an meinen Schritt. Zum Glück konnte ich mein Gesicht nicht sehen. Die Unbekannte grinste mir wieder zu und legte ihren Zeigefinger auf ihre geschlossenen Lippen.“
(Die Fremde im Restaurant)
„VollLust“ bietet ganze 22 erotische Geschichten, die mal etwas länger, mal sehr kurz ausfallen, sich aber immer um ‚das eine‘ drehen. Dabei wird nur sehr wenig der der Phantasie überlassen.
Da ist die heiße Karnevalsbraut im Wonder-Woman-Kostüm, die den zurückhaltenden Thomas schneller abschleppt und vernascht, als dieser „Ahoi“ sagen kann.
Eine langweilige Dienstreise lässt sich per abendlichen Sex-Chat mit seiner Partnerin deutlich aufregender gestalten.
Angeheizt von der Sonne, den engen Klamotten und der Vorstellung, jederzeit entdeckt werden zu können, endet eine Radtour in einem beinahe öffentlichen SM-Spielchen.
Während eines Sauna-Besuch bleibt es nicht bei den gegenseitigen bewundernden und heißen Blicken.
Eine attraktive Vierzigerin lässt sich in einem Café im Blickfeld eines attraktiven Mannes nieder und kann ihre Lust kaum verbergen.
Ein Sonntagmorgen im Bett wird ohne viel Federlesens mit vollem Vergnügen ausgekostet.
Ein Pärchen bietet den nahen Ballonfahrern auf seiner Dachterrasse eine exklusive Show.
Die Tatsache, dass seine Frau unter ihrem Mantel nur Unterwäsche trägt, lässt einen Geschäftsreisenden seine Erschöpfung schnell vergessen.
Für den Marathon-Mann ist der erste Höhepunkt lediglich zum Aufwärmen gedacht.
Als Sonja am Sonntag einige Unterlagen im Büro abholen will, wird sie Zeuge, was sich ihre Kollegin und der gut gebaute Buchhalter unter Wochenendarbeit vorstellen.
Die Sonne und eine aufreizende Strandmatten-Nachbarin sorgen im Beach Club erst für eine enge Badehose, dann für Entspannung.
Einige unbeholfene Fick-Versuche im vollbesetzten Bus münden in eine wilde Open Air-Nummer mit einigen unfreiwilligen Zuhörern.
Sogar beim Aufräumen im Keller kann es gemütlich werden, wenn der Adonis dank einer über Kopf zu balancierenden Kiste wehrlos ist und Frau somit leichtes Spiel hat.
Bei einer Sexverabredung im Hotel kommen erst die Gerte, dann die Rute zum Einsatz und jeder auf seine Kosten.
Eine zufriedenstellende Liefervereinbarung lässt sich die unersättliche Geschäftsfrau bei einem Essen in ihre Wohnung gleich mehrfach unterschreiben.
Wenn die Geilheit zu übermächtig wird, muss der nächste Rastplatz für ein handfestes Solo genügen.
Der Vorsatz, es nicht mit dem Kollegen zu treiben, löst sich nach einem Abendessen und unter seinen forschenden Händen sehr schnell in Luft auf.
Als Vorgesetzte sollte man immer nett zu seinen Angestellten sein, sonst kommt in einer stillen Überstunde kurz vor Weihnachten noch Santa Prachtstück mit seiner Rute im Büro vorbei.
Sehr schnell merkt Sonja, dass es nicht nützt, sich schlafend zu stellen. Und ebenso schnell lässt sie sich überzeugen, das Spiel ihres Freundes mitzuspielen.
Ein unverhofftes Päckchen enthält ein Geschenk ihres Meisters mit genauen Anweisungen, was zu tun ist.
Was passieren kann, wenn man zufällig und unbedarft ein Restaurant besucht, in dem ein Mädelsgeburtstag stattfindet.
Die Entspannung nach dem Bad im Pool währt nur kurz. Mit allerlei Spielzeug hat Frau geplant, ihm das Sonnenbad zu versüßen. Dabei kommt sie natürlich auch nicht zu kurz.
„Diese attraktive Frau hat die Kontrolle verloren und macht es sich in der Öffentlichkeit. Zwar sehr verhalten, aber sie macht es sich und ich kann es von meinem Platz aus sehen. Durch die leichte Vor- und Zurückbewegung ist der Rock weit nach oben gerutscht. Noch kann ich ihr Höschen nicht sehen, aber lange wird es nicht mehr dauern. Ich beneide sie ein wenig, denn als Mann ist es schwierig, sich unauffällig einen herunterzuholen.“
(Die Schöne im Café)
Durch die Bank gibt es in „VollLust“ keinen Blümchensex zu lesen. Verbal wird es einige Male derb, doch durch die eingestreute Erklärung gemildert, dass dies ein Spiel in gegenseitigem Einvernehmen ist. Insgesamt herrscht kalkulierter Dirty Talk. Gearbeitet wird mal mit Fesseln und Schlägen, mal mit Spielzeug, das man nicht im Otto-Katalog findet, mal ganz ohne Körperkontakt. Da muss die Fantasie der Protagonisten ausreichen.
Etwa gleichgewichtig beschreibt der Autor aus männlicher wie weiblicher Sicht. Dabei bleibt natürlich dahingestellt, ob es sich bei Enrique Cuentame tatsächlich um einen Mann, geschweige denn überhaupt um eine einzelne Person handelt. Überwiegend sind es die Frauen, die Lust daran empfinden, dominiert zu werden, doch werden auch einige Männer herzhaft rangenommen eziehungsweise überrumpelt und benutzt. Überall fließen bei der leisesten Berührung die Säfte, alles präsentiert sich nahezu dauerhaft prall und feucht; gut und üppig gebaut sind die Protagonisten sowieso, und zwar Weiblein wie Männlein.
Besonders zu Beginn macht die Abwechslung in den Szenarien viel Spaß. Doch entweder sind die ersten Geschichten noch eindeutig phantasievoller ausgefallen oder es stellt sich bei geballter Lektüre doch eine merkliche Gewöhnung ein, so dass die Sammlung auf den letzten Metern erheblich uninspirierter wirkt. Was die Beschreibungen von Geschlechtsorganen und des Aktes angeht, kommt es zu nicht wenigen Wiederholungen. Wer auf seiner Bingo-Karte Worte wie „prall“, „geschwollen“, „gedehnt“, „ausgefüllt“, „massieren“, „kneten“, „zucken“ oder „hart“ stehen hat, hat gute Chancen, die Runde bald zu gewinnen.
Dementsprechend ist „VollLust“ eher nicht zum durchgehenden Genuss empfohlen und sollte lieber portionsweise goutiert werden. Als einzeln gelesene Quickies vor der Bettruhe sind die Stories nicht zu verachten.
Das Cover ist ein echt heißer Blickfang und zeigt genau, was den Leser erwartet. Sehr heiß, ohne zu viele nackte Tatsachen zu präsentieren. Bild und Design heben sich sehr angenehm von vielen anderen Schmuddel-Covern des Genres ab.
Wie immer bei Blue Panther Books enthält das Buch einen Gutscheincode, der für registrierte Nutzer eine Internet-Bonus-Story mit dem Titel „WollLüstig“ freischaltet: Sogar mehr als wollüstig fühlt sich die Institutsmitarbeiterin, die sich schon den ganzen Tag auf den abendlichen Opernbesuch freut und sich versehentlich ein experimentelles Serum injiziert, das die Fruchtbarkeit von Schafen erhöhen soll. Schließlich erhöht es auch ihre Bereitschaft, sich begatten zu lassen. Und zwar so sehr, dass ein Mann nicht ausreichend ist. Glücklicherweise ist die Oper gut besucht.
“What you see is what you get”, nicht mehr und auch nicht weniger. 22 heiße Quickies, die die Stimmung anheizen und die der Phantasie wenig Spielraum lassen.